Clement stellt sich vorerst vor den BA-Chef Galgenfrist für Gerster

Berlin/Frankfurt/Main (rpo). Auch nach den neuen Vorwürfen sieht Florian Gerster keinen Grund, sein Amt niederzulegen. Die Bundesregierung hat dem Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA) eine Galgenfrist eingeräumt und will die Überprüfungen durch die BA-Innenrevision abwarten. Doch am Dienstagabend tauchten drei weitere dubiose Beraterverträge auf.

<P>Berlin/Frankfurt/Main (rpo). Auch nach den neuen Vorwürfen sieht Florian Gerster keinen Grund, sein Amt niederzulegen. Die Bundesregierung hat dem Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA) eine Galgenfrist eingeräumt und will die Überprüfungen durch die BA-Innenrevision abwarten. Doch am Dienstagabend tauchten drei weitere dubiose Beraterverträge auf.

Florian Gerster schwimmt. Jeden Morgen. Die Antwort, die der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag bei einem Termin der BA-Regionaldirektion Hessen in Frankfurt am Main gab, bezog sich auf die Frage, wie er angesichts des Rummels um immer neue Beraterverträge seiner Behörde abschalte. Doch Gerster gerät auch politisch immer mehr ins Schwimmen. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) stellte sich dennoch vor Gerster, zumindest vorläufig.

Die "Rheinische Post" hatte zuvor über neue Unstimmigkeiten berichtet. Demnach sollen in der Affäre um den ohne Ausschreibung vergebenen Beratervertrag mit der Firma WMP Eurocom nachträglich entlastende Akten angefertigt worden sein. Der BA-Vorstand habe am 19. Februar 2003 die Vergabe an WMP beschlossen. Der Vorstandsbeschluss sei mit der Agenda 2010 begründet worden, die Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) aber erst am 14. März im Bundestag vorgestellt hatte. Gerster selbst sieht darin kein Problem, weil die Agenda einen "Vorlauf" hatte.

Gerster lehnte einen Rücktritt erneut ab. "So lange ich das Vertrauen der Regierung habe, bleibe ich an Bord", sagte der BA-Chef. Dieses Vertrauen schwindet aber offenbar. Laut "Bild"-Zeitung wird im Wirtschaftsministerium eine Entlassung Gersters nicht mehr ausgeschlossen.

Clements Solidaritätsbekundung am Rande eines Energiekongresses in Berlin klang zumindest nicht sehr haltbar. Zwar lobte er Gerster und dessen Führungsteam als "brillante Fachleute", die sich in einem schwierigen Umbauprozess der BA befänden. Er habe auch keine Veranlassung, Gersters Arbeit in Frage zu stellen. Clement verwies aber zugleich auf Überprüfungen der Beraterverträge durch die BA-Innenrevision, die er abwarten wolle.

Der Prüfbericht der Innenrevision wird Ende der Woche abgeschlossen und dann auf einer Pressekonferenz in Nürnberg vorgestellt, wie BA-Sprecherin Bettina Schmitt mitteilte. Zuvor soll der Verwaltungsrat informiert werden. Einen "Zwischenstand" soll das Präsidium des Verwaltungsrates bereits am Dienstagabend erhalten. Clement sagte, nach der Überprüfung sei die Sache erledigt, "so oder so". Für die Union ist der Fall Gerster klar. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sagte: "Clement muss ihn entlassen." Eine gedeihliche Zusammenarbeit Gersters mit dem Parlament sei nicht mehr möglich. Auch die FDP, die im Bundestag bisher Gerster nur "Fahrlässigkeit" vorgeworfen und nicht seinen Rücktritt gefordert hat, rückt vom BA-Chef ab. Der FDP-Arbeitsmarktexperte Dirk Niebel sagte, Gerster müsse sich die fragen lassen, ob er dem Ansehen der Behörde mehr schade als nutze. FDP-Vize Walter Döring forderte gar die Entlassung Gersters.

Drei weitere Beraterverträge aufgetaucht

Der 54-Jährige selbst gab sich in Frankfurt am Main gelassen. Er habe den Job im April 2002 nicht begonnen, um seine Lebensqualität zu erhöhen.

Am Abend wurden allerdings neue Vorwürfe gegen Gerster laut. Nach Informationen des "Handelsblatts" entdeckte die BA-Innenrevision drei weitere Beraterverträge, die rechtswidrig ohne Ausschreibung vergeben wurden. Dabei handele es sich um Aufträge an die Firmen Roland Berger und IBM in Millionenhöhe. In Kreisen der rot-grünen Koalition und des Verwaltungsrats der BA heißt es der Zeitung zufolge, nun sei Gerster vermutlich nicht mehr zu halten.

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