Gabriels Wechsel ins Außenministerium Erst die SPD, dann das Land

Meinung | Berlin · Was will Sigmar Gabriel im Außenministerium? Für seinen Wechsel ins Außenamt gebe es "verschiedene Gründe", sagte der scheidende Wirtschaftsminister. Eine unbefriedigende Antwort.

 Sigmar Gabriel wechselt vom Wirtschafts- ins Außenministerium und legt den SPD-Vorsitz nieder.

Sigmar Gabriel wechselt vom Wirtschafts- ins Außenministerium und legt den SPD-Vorsitz nieder.

Foto: dpa, mkx tmk jai

Wir wissen leider, dass seine Gründe bei der SPD, ihm selbst und im kommenden Bundestagswahlkampf liegen. Es ist nicht die Faszination oder das Interesse für die große außenpolitische Aufgabe, die Gabriel bewegt haben. In einer Zeit, in der Donald Trump die Tektonik der Weltpolitik durcheinander bringt und völlig neue Bündnisse entstehen können, etwa zwischen den USA und Russland, in der sich der Nahost-Konflikt weiter zuspitzt, der Syrien-Krieg auf Antworten wartet, in der die europäische Flüchtlingskrise und die Türkei-Frage ungelöst sind - in dieser Zeit übernimmt ein eher unmotiviert wirkender Gabriel das wichtige Außenamt.

Gut für die deutsche Außenpolitik fühlt sich das nicht an. Die SPD dürfe das Auswärtige Amt ja nicht verwaisen lassen, hatte der scheidende SPD-Vorsitzende am Mittwoch auch noch gesagt. Gabriel sah sich selbst offenbar als den einzig Würdigen in der SPD, der das Amt von Frank-Walter Steinmeier übernehmen kann. Richtig zwingend erscheint es nicht. Gabriel dürfte im Übrigen der erste Außenminister sein, der sich vom neuen Amt erhofft, mehr Zeit für seine Familie zu haben.

Wenig zuversichtlich stimmt auch der Blick auf das Wirtschaftsministerium. 2013 bei seinem Amtsantritt hatte der scheidende SPD-Vorsitzende noch dieses Haus als das wichtigste Kraftzentrum der SPD in der neuen schwarz-roten Bundesregierung identifiziert. Er wollte daraus eine Art Neben-Kanzleramt machen, holte sich deshalb die Kompetenz für die Energiewende und viele interessante Mitarbeiter ins Haus.

Nun geht Gabriel einfach so Knall auf Fall, während seine perplexen Beamten gerade dabei waren, eine große Industriekonferenz für ihn vorzubereiten. Dieser Abschied wirkt so, als seien das Ministerium, seine Bedeutung und seine Gestaltungsmöglichkeiten jetzt eben doch nicht mehr so wichtig für die SPD und das gesamte Land.

Gabriel überlässt die Leitung des Wirtschaftsministeriums seiner bisherigen Staatssekretärin Brigitte Zypries, die in den vergangenen drei Jahren wenig in Erscheinung getreten ist und ihre politische Karriere im September beenden möchte. Sie wird den Laden jetzt irgendwie zusammenhalten und verwalten.

Bei allem Respekt für die Juristin Zypries, die als Bundesjustizministerin zwischen 2002 und 2009 eine gute Arbeit gemacht hat: Sie ist in der Wirtschaftspolitik ein unbeschriebenes Blatt. Viel mehr als Händeschütteln und freundliches Repräsentieren in den kommenden acht, neun Monaten ist von ihr nicht zu erwarten. Ob das für die viertgrößte Volkswirtschaft weltweit, auf der die Hoffnungen des freien Westens liegen, in diesem ersten Trump-Jahr ein guter Zustand ist, darf man bezweifeln. Gabriel und die SPD offenbaren mit dieser Personalrochade wenig Respekt vor dem Ernst der Regierungsämter gerade in dieser Zeit.

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