Umweltgesetzbuch Gabriel wirft Union Verfassungsbruch vor

Berlin (RPO). In der großen Koalition in Berlin ist offener Streit zwischen Union und SPD ausgebrochen. In ungewöhnlich scharfem Ton kritisiert Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) die Union, weil diese das lange geplante Umweltgesetzbuch habe scheitern lassen. Gabriel sprach vor diesem Hintergrund von einem Missbrauch des Föderalismus.

 Bundesumweltminister Sigmar Gabriel.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel.

Foto: ddp, ddp

Er rügte indirekt Kanzlerin Angela Merkel und sagte, in der Union gebe es niemanden, der für Ordnung sorge. CDU-Politiker hielten Gabriel im Gegenzug vor, er sei zu weit gegangen und habe Gestaltungrechte der Länder beschneiden wollen.

Gabriel sagte, ein neuer Anlauf zur Verabschiedung des seit 20 Jahren geplanten Projekts habe nun erst nach der Bundestagswahl im Herbst eine Chance. Der letzte Einigungsversuch mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) sei am Freitag gescheitert. Dieser habe zuletzt verlangt, dass das Umweltgesetzbuch in Bayern gar nicht gelten solle. Dazu sagte Gabriel, er sei zwar kompromissbereit, könne aber nicht "kompletten Unsinn" beschließen.

Gabriel wies Vorwürfe des bayerischen Umweltministers Markus Söder (CSU) als unrichtig zurück, im Freistaat hätten 77.000 Kilometer Gewässerrandstreifen neu ausgewiesen werden müssen und 10.000 Vorhaben wären genehmigungspflichtig geworden.

Söder betreibt "Volksverdummung"

Die Zahl der Genehmigungen würde zwar nominell steigen, aber nur, weil bisherige "Erlaubnisse" im Rechtsdeutsch in "Genehmigungen" umbenannt würden. Söder betreibe "Volksverdummung" und durchdringe die Materie allenfalls "im Nano-Bereich", sagte Gabriel.

Söder konterte, Gabriel habe alle Einwände ignoriert und sei "an seiner eigenen Sturheit" gescheitert. "Ich verstehe nicht, warum er sich so aufgeplustert und aufgepumpt hat." Der Vorwurf des SPD-Politikers, die Union habe mit ihrem Veto die Verfassung gebrochen, sei nur albern.

Bayern hatte moniert, dass die sogenannte "integrierte Vorhabenplanung" zusätzlich gegenüber dem geltenden Recht viele kleinere Anlagen und Vorhaben erfasst hätte - etwa Biogasanlagen, Tierhaltungen, Fischzuchtanlagen oder Entwässerungen.

Gabriel sagte, das Scheitern sei "ein Stück weit auch der Bruch der verfassungsmäßigen Organisation von Gesetzgebung". Denn der Entwurf, über den seit einem Jahr in allen Einzelheiten verhandelt werde, habe nicht einmal das Kabinett erreicht, schon gar nicht Bundestag oder Bundesrat. Normalerweise würden Änderungswünsche der Fraktionen oder Länder dort verhandelt.

"Wir haben eher den Missbrauch des Föderalismus erlebt, als das Scheitern des Föderalismus", sagte er unter Verweis auf die Blockadehaltung der CSU und von Unionsfraktionschef Volker Kauder. Im Bundesrat hätten 15 der 16 Länder Zustimmung signalisiert, nur Bayern nicht.

Der Präsident des Naturschutzbundes NABU, Olaf Tschimpke, stellte fest: "CDU und CSU mit ihren Parteivorsitzenden Merkel und Seehofer haben eines der wichtigsten Koalitionsvorhaben im Umweltbereich rücksichtslos an die Wand gefahren. Das war ein schwarzer Tag für das Umweltrecht in Deutschland."

Gabriel hält an Plänen fest

Gabriel kündigte an, nun zumindest unstrittige Teile des Umweltgesetzbuchs einzeln auf den Weg ins Parlament zu bringen, nämlich das Bundesnaturschutz- und Wasserhaushaltsgesetz. Schon am (morgigen) Dienstag sollten diese in die Ressortabstimmung der Ministerien gehen.

Führende CDU-Politiker machten Gabriel für das Scheitern verantwortlich. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch sagte am am Rande der CDU-Präsidiumssitzung: "Das hat Gabriel ziemlich versenkt. Da wollen wir einmal schauen, was daraus wird."

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff sagte: "Herr Gabriel ist einfach zu weit gegangen. Er hat Rechte für sich reklamiert, die jetzt den Ländern zukommen." Doch wenn der Umweltminister die Rechte der Länder respektiere, könne es noch eine Lösung geben. Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger erklärte ebenfalls, bei gutem Willen aller Beteiligter müsse noch eine gemeinsame Linie zu finden sein.

(AP)
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