Scharfe Kritik am Finanzsektor Gabriel wirft Banken Abzocke vor

Berlin · Der SPD-Vorsitzende will die Bundestagswahl 2013 zur "Entscheidung über die Bändigung des Banken- und Finanzsektors" machen. Die Geldhäuser müssten aufhören, die Euro-Staaten zu erpressen, fordert Gabriel in einem Thesenpapier. Kritiker sprechen von Populismus beim jungen Vater.

Warum Spanien unter den Rettungsschirm flüchtet
6 Bilder

Warum Spanien unter den Rettungsschirm flüchtet

6 Bilder

Eigentlich ist Sigmar Gabriel in der Babypause. Drei Monate Auszeit hat sich der SPD-Vorsitzende genommen für seine kleine Marie. Doch leiser ist es um den jungen Vater und SPD-Kanzlerkandidaten-Kandidaten nicht geworden.

Am Wochenende veröffentlichte Gabriel ein achtseitiges Thesenpapier, in dem er die Auswüchse des Banken- und Finanzwesens an den Pranger stellt. Erpressung, Abzocke und Beihilfe zur Steuerhinterziehung wirft er den Bankern vor. Die Bundestagswahl 2013, wünscht er sich, müsse zu einer "Entscheidung über die Bändigung des Banken- und Finanzsektors werden".

Ist das der Aufschlag im SPD-internen Rennen um die Kanzlerkandidatur, das eigentlich erst im Januar entschieden wird? Oder der frühe Versuch der SPD, in der Euro-Krise die Bankenschelte als Großthema für die Bundestagswahl 2013 schon mal bei sich zu verorten? Schließlich ist die SPD seit Langem auf der Suche nach einem eigenen Thema, das sie größer spielen könnte, ohne dass sich kurzerhand die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel des gleichen Themas bemächtigt.

Eine so scharfe Bankenschelte, wie sie Gabriel in seinem Papier formuliert, dürfte der Union allerdings schwerfallen. Sein härtester Vorwurf: Die Banken betrieben riskante Geschäfte, als hätte es die Finanzkrise 2008 nicht gegeben. "Und wenn es schiefgeht, 'bestellen' sie bei der Politik, Rettungspakete'."

EU-Bankeninsolvenzrecht gefordert

Der SPD-Vorsitzende fordert einen privatwirtschaftlichen Rettungsschirm der Banken untereinander. Dieser so genannte Banken-ESM solle durch eine europaweite Bankenabgabe finanziert werden. Wenn trotzdem der Staat zur Rettung einspringen müsse, sollte er auch unbedingt Eigentümer werden. Nötig sei zudem ein europäisches Bankeninsolvenzrecht, das dafür sorge, "dass große Pleite-Banken auch pleitegehen können — ohne dass große Volkswirtschaften zusammenbrechen".

Erst vergangene Woche hatte Spanien einen Antrag auf Hilfe aus den Euro-Rettungsfonds gestellt, um seine angeschlagenen Banken zu stützen. Bundestag und Bundesrat hatten die Hilfen gebilligt, obwohl ein Anteilserwerb des staatlichen EFSF an den Banken nicht vorgesehen ist.

Auch Fachleute wie die Wirtschaftsweise Claudia Buch fordern aber einen staatlichen Anteilserwerb. "Es wäre richtig und nötig, dass die europäischen Staaten wirklich Eigenkapital und damit Kontrollrechte in sanierungsbedürftigen Banken erwerben", sagte sie unserer Zeitung. So hätten es die USA nach dem Ausbruch der Finanzkrise erfolgreich vorgemacht.

Es müsse endlich Schluss sein mit dem "Verlust-Sozialismus" im Bankensektor, sagte Gabriel. Gewinne würden privatisiert, Verluste aber sozialisiert. An den Finanzmärkten müssten Risiko und Haftung wieder in eine Hand. "Gier, Frechheit, Betrug und Unverantwortlichkeit dürfen sich nicht mehr lohnen."

Auch der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und weitere mögliche SPD-Kanzlerkandidat forderte einen "Banken-ESM". Die SPD tue zudem gut daran, wenn sie dem Schweizer Steuerabkommen im Bundesrat nicht zustimme.

Kauder übt Kritik an Rot-Grün

Kritik an Gabriels Vorschlägen kam von Union und FDP. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) erinnerte daran, dass die rot-grüne Bundesregierung den Bankensektor erst entfesselt habe. "Diejenigen, die die Schranken eingerissen haben, müssen uns jetzt nicht erklären, wie man die Schranken wieder aufbaut", sagte Kauder beim Parteitag der baden-württembergischen CDU in Karlsruhe.

"Wir haben bisher schon zwölf Gesetze zur Regulierung des Finanzsektors auf den Weg gebracht", sagte der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach. "Banken erfüllen wichtige Funktionen. Es ist absolut kontraproduktiv, wenn Gabriel gegen die Banken ein pauschales Feindbild aufbaut."

FDP-Chef Philipp Rösler wies in der ARD Gabriels Vorschläge als Griff in die Mottenkiste zurück. Es gelte jetzt, zu gut funktionierenden Regelungen für die Finanzmärkte zu kommen. Gabriel wird kontern — für die kleine Marie bleibt wohl doch nicht mehr so viel Zeit.

(mar)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort