Reform der Energiewende Gabriel plant Milliardenkürzung bei Ökostrom-Rabatten

Berlin · Die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zur Reform der Energiewende gehen deutlich über den Koalitionsvertrag von Union und SPD hinaus: Gabriel will weit mehr Betreiber von Windkraft- und Solaranlagen zwingen, ihren Strom selbst zu vermarkten, als im Vertrag vorgesehen.

Das ist Sigmar Gabriel
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Bisher können sich Ökostrom-Anbieter freiwillig um den Verkauf ihres Stroms kümmern, sie müssen es aber nicht. Sie erhalten für den automatisch eingespeisten Strom feste Vergütungssätze — garantiert für 20 Jahre. Doch künftig sollen viel mehr Anbieter als erwartet ihren Strom selbst über die Börse oder Zwischenhändler verkaufen müssen. Dort erhalten sie deutlich weniger als die staatlich garantierten Abnahmepreise.

Die Differenz zwischen dem Marktpreis und dem Vergütungssatz wird ihnen rückwirkend über eine Marktprämie ausgeglichen. Die Selbstvermarktung bedeutet vor allem für kleinere Anbieter erheblich mehr Aufwand. Ziel der Umstellung auf Direktvermarktung ist, die gesamte Ökostrom-Branche schneller an den Markt heranzuführen. Über 80 Prozent des Windstroms werden zwar heute schon direkt vermarktet, aktiv sind aber nur größere Betreiber. Für neue Windräder sollen zudem die Vergütungssätze nach den Plänen Gabriels stark gekürzt werden — vor allem an windreichen Standorten.

Grüne bieten "Energie-Pakt" an

Der Umfang der Ökostrom-Rabatte für derzeit gut 2100 stromintensive Industriebetriebe soll zudem deutlich um etwa ein Fünftel oder bis zu eine Milliarde Euro pro Jahr gekürzt werden. Mehr darüber erfahren Vertreter der Industrie am Montag bei einem Treffen im Kanzleramt mit Gabriel und Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU).

Gabriel will mit diesen Maßnahmen den Anstieg der Ökostrom-Umlage bremsen, die die Stromverbraucher zunehmend belastet. Die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat sich seit 2009 von einem Cent auf derzeit 6,3 Cent pro Kilowattstunde versechsfacht. Trotz der EEG-Reform könne die Umlage nach Festlegung des Ministeriums bis 2020 auf 8,5 Cent steigen, berichten Branchenkreise.

Die Grünen im Bund und in sieben Landesregierungen boten der großen Koalition am Freitag einen "Energie-Pakt" an. Man sei nicht auf Konfrontationskurs. "Wir brauchen diesen Konsens auch in unseren Ländern, um eine Ausbaustrategie für die erneuerbaren Energien dort weiter voranzutreiben", sagte NRW-Umweltminister Johannes Remmel. Allerdings gehen die Forderungen der Grünen weiter: Sie wollen die Industrierabatte um jährlich vier Milliarden Euro kürzen. Der Ökostrom-Anteil solle bis 2020 auf fast 50 Prozent verdoppelt werden. Die Regierung peilt dagegen bis 2025 maximal 45 Prozent an.

(mar)
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