Nach Krümmel-Störfall Gabriel fordert Abschaltung alter Akw

Frankfurt/Hamburg (RPO). Die Störfall-Serie im Kernkraftwerk Krümmel hat die Debatte um die Nutzung der Kernenergie erneut entfacht. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel fordert die Kraftwerksbetreiber auf, alte Akw abzuschalten und einen neuen Kurs in der Atompolitik von der Union.

 Sigmar Gabriel unterstreicht das deutsche Engagement.

Sigmar Gabriel unterstreicht das deutsche Engagement.

Foto: AP, AP

Nach dem neuerlichen Störfall im norddeutschen Kernkraftwerk Krümmel hat Bundesumweltminister Sigmar Gabriel die Union zur Umkehr in der Atompolitik aufgerufen. "Ich fordere Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg im Interesse der Sicherheit der Bürger auf, ihren Kurs aufzugeben", sagte der SPD-Politiker am Sonntag dem Berliner "Tagesspiegel". Die jüngsten Vorfälle in Krümmel bewiesen, dass eine Laufzeitverlängerung für ältere Kraftwerke unverantwortlich sei.

In der "Frankfurter Rundschau" verlangte Gabriel von den Stromkonzernen, die ältesten und problematischsten Reaktoren abzuschalten und deren Stromkontingente auf die jüngeren Anlagen zu übertragen. Die moderneren, sichereren AKW könnten dann länger am Netz bleiben, wie dies das Atomgesetz ermögliche. Der Vorfall in Krümmel zeige erneut, dass die Atomkraft eine hoch riskante Technologie sei.

Krümmel war am Samstagmittag kurz nach 12 Uhr abgeschaltet worden. Ursache war vermutlich eine Störung in einem der beiden Maschinen-Transformatoren. Der Der Reaktor war nach einem Brand im Sommer 2007 für zwei Jahre stillgelegt worden. Erst vor knapp zwei Wochen wurde das AKW wieder angefahren und musste nur eine Woche später wegen eines Transformatorenproblems wieder vom Netz genommen werden. Danach lief es nur mit halber Leistung.

Die Hamburger Wasserwerke berichteten, durch den Ausfall seinen große Schäden im Leitungsnetz entstanden, weil sich Pumpen plötzlich wieder einschalteten. Vattenfall sagte, darüber sei nichts bekannt. Beschwert hätten sich aber etwa Einkaufszentren und Industriebetriebe.

Am Freitagabend wurde der Transformator wieder in Betrieb genommen, nur wenige Stunden später gab es den nächsten Störfall. Nach der Panne kam es zu schweren Störungen im Stromnetz von Hamburg und Teilen von Schleswig-Holstein. So fielen die meisten Ampeln der Stadt aus.

Vattenfall entschuldigt sich

Der nach einer Panne per Notabschaltung stillgelegte Atomreaktor bleibt auf unabsehbare Zeit abgeschaltet. Der zuständige Vattenfall-Geschäftsführer Ernst Michael Züfle sagte, ein Termin für das Wiederanfahren sei nicht abzusehen. Es müssten vorher "alle technischen und organisatorischen Fragen" geklärt werde, betonte Züfle auf einer Pressekonferenz am Sonntag.

Vattenfall kündigte eine genaue Untersuchung der Ursachen des Störfalls an. "Für den weiteren Prozess gilt: Sicherheit vor Schnelligkeit", hob der Geschäftsführer von Vattenfall Europe Nuclear Energy, Michael Züfle, am Sonntag in Hamburg hervor. Erst wenn alle technischen und organisatorischen Fragen eindeutig geklärt seien, werde in enger Abstimmung mit der Aufsichtsbehörde das Atomkraftwerk wieder in Betrieb genommen. Wann dies so weit sein werde, lasse sich noch nicht sagen. Zur Aufarbeitung der Vorgänge hat Vattenfall seine interne Revision beauftragt.

Züfle entschuldigte sich ausdrücklich für Fehler bei der Information über den Störfall. So war die erste Information über die Reaktorschnellabschaltung nicht durch Vattenfall an die atomrechtliche Aufsichtsbehörde in Kiel gegangen, sondern auf dem Weg über eine andere Behörde. "Die Objektsicherung des Kraftwerks hat die Landespolizei in Geesthacht informiert, und die Polizei hat die Information an das Innenministerium weitergegeben", sagte Züfle. Von dort sei die erste Information des Sozialministeriums erfolgt.

Erste Einzelheiten zur Panne bekanntgegeben

Vattenfall gab auf der Pressekonferenz auch erstmals Einzelheiten der Panne bekannt: Demnach hatte der Unfall Ähnlichkeit mit dem schweren Unfall von vor zwei Jahren, als nach einem Brand der Reaktor für zwei Jahre stillstand. Laut Vattenfall handelt es sich um zwei baugleiche Geräte. Der jetzt betroffene Transformator ist 33 Jahre alt und blieb damals unbeschädigt. Er sei während des Stillstandes kontrolliert worden.

Nach dem Unfall gab es Folgeschäden bei der Schnellabschaltung: Wegen eines defekten Brennelementes kam es zu einer Erhöhung der Radioaktivität im Reaktorwasser. Außerdem kam es zu Problemen bei der Kühlung des Reaktorwasser-Reinigungssystems. Des weiteren war ein Elektronikteil kaputt.

(AP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort