Innenminister berichtet im Kontrollgremium Friedrich: "Wissen kaum etwas über Prism"

Berlin · Es ist jede Menge Kritik auf Hans-Peter Friedrich geprasselt nach seinem Kurztrip in den USA. Am heutigen Dienstag will der Innenminister nun dem Parlamentarischen Kontrollgremium neue Fakten zu den Spionage-Aktivitäten der USA vorlegen. Die Opposition ist skeptisch. Und auch Friedrich selbst muss am Morgen in einem Interview zugeben, dass die Regierung bis heute nicht wisse, worum es sich bei dem Ausspähprogramm Prism eigentlich handele. In fünf Fällen geplanter Anschläge, darunter denen der "Düsseldorfer Zelle", soll Prism wichtige Informationen geliefert haben.

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Foto: dpa, Jens Büttner

Im Sommerinterview der ARD hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel die USA-Reise ihres Innenministers vehement verteidigt. Ein erster Schritt in Richtung Aufklärung sei es gewesen, betonte sie. Und so ähnlich argumentiert nun auch der Innenminister. Er muss am Dienstagmittag dem Parlamentarischen Kontrollgremium berichten, was er denn in Washington Neues über die Spionageaktivitäten der USA erfahren habe. Und da gebe es durchaus einiges, sagte der CSU-Politiker im Interview mit dem ARD-"Morgenmagazin".

Bei seiner Reise sei es schließlich zunächst einmal darum gegangen, "was sammelt die NSA, was sammeln die Amerikaner überhaupt", verteidigt er seinen Kurztrip. "Wir haben da einiges an Informationen bekommen, das werde ich heute im Kontrollgremium auch mitteilen." Was das genau für Informationen sind, darüber will Friedrich natürlich nicht sprechen. Aber man merkt dem Minister in dem Interview auch deutlich an, dass noch vieles im Unklaren ist — was dieser auch offen zugibt.

"Wir wissen es bis heute nicht"

"Sie können davon ausgehen, dass niemand wusste, was Prism ist", sagt er in Bezug auf das durch den Whistleblower Edward Snowden aufgedeckte Ausspähprogramm. Und er fügt hinzu: "Wir wissen es bis heute nicht." Damit will Friedrich Vorwürfe schon vorab abkontern, die Bundesregierung habe über das Ausmaß der Datensammlung durch die Amerikaner Bescheid gewusst.

In diesem Zusammenhang betont der Innenminister, dass Geheimdienste zwar durchaus zusammenarbeiten und sich austauschen, dass diese aber niemals preisgeben, woher sie ihre Informationen haben. Das werde auf der ganzen Welt so gehandhabt. Es gehe hierbei um Quellenschutz.

Entsprechend geht der Minister auch davon aus, dass es noch eine ganze Weile dauern werde, bis die Bundesregierung umfängliche Informationen über die Spionageaktivitäten der NSA bekommen werde, denn die USA müssten zunächst prüfen, ob etwa Geheimdienstmitarbeiter bei der Offenlegung der Informationen gefährdet werden könnten. So betont er auch, dass sich erst noch zeigen müssen, ob wirklich eine derartige Menge an Informationen, wie sie Snowden auf "irgendwelchen Folien" veröffentlicht hat, gespeichert würden.

Doch trotz aller Unklarheiten betont Friedrich genau wie Merkel, dass es bei seiner US-Reise zunächst darum ging, einen Aufklärungsprozess anzustoßen. Er wehrt sich damit gegen Vorwürfe etwa von Thomas Oppermann (SPD), Vorsitzender des für die Geheimdienstkontrolle zuständigen Ausschusses, "mit leeren Händen" aus den USA zurückgekehrt zu sein, wie dieser ebenfalls in der ARD sagte.

Minister verteidigt erneut geheimdienstliche Zusammenarbeit

Friedrich bleibt auch bei seiner bisherigen Linie, dass eine geheimdienstliche Zusammenarbeit mit den USA wichtig sei, um auch die Bundesrepublik vor Terroranschlägen zu schützen. Schließlich seien beide Länder Partner. Seine Aussage aber, dass fünf Anschläge hierzulande durch die Spähaktivitäten verhindert worden seien, relativiert er.

Denn, so der Minister, "die Zahl der nicht-stattgefundenen Terroranschläge zu zählen, ist relativ schwierig". Die USA seien es schließlich gewesen, die gesagt hätten, dass 25 Anschläge in Europa und fünf in Deutschland durch sie verhindert worden seien. Und das müsse man nun erst einmal so hinnehmen.

Auch wenn der Minister in dem Interview versucht, eine klare aufklärerische Haltung zu zeigen ("Wir werden von den Amerikanern eine klare Zusage verlangen", sagt er etwa in Bezug darauf, dass auf deutschem Boden kein deutsches Recht gebrochen werden darf), so merkt man doch an vielen Stellen, dass die Aktivitäten der NSA für die Bundesregierung offenbar noch immer wie ein Buch mit sieben Siegeln sind.

Friedrich hat selbst deutlich gemacht, dass das wohl auch noch eine Weile so bleiben wird. Entsprechend ist es auch fraglich, ob die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums an diesem Dienstag wirklich befriedigt aus der Sitzung herausgehen oder ob sich der Innenminister danach nicht noch mehr Kritik gefallen lassen muss — und das alles wenige Wochen vor der Bundestagswahl.

Update 15.45 Uhr: Der US-Geheimdienst NSA soll mit seinen Informationen weltweit Anschläge verhindert haben - auch in Deutschland. Das Bundesinnenministerium meldet: Hinweise in fünf Fällen stammen aus dem "Prism"-Spähprogramm. Zwei sind bisher durchgesickert. In einem geht es um die "Düsseldorfer Zelle".

DÜSSELDORFER ZELLE: Ermittler nahmen 2011 in Düsseldorf und Bochum vier mutmaßliche Mitglieder des Terrornetzwerks Al-Kaida fest: drei Männer im April, einen vierten Verdächtigen im Dezember. Ermittler hatten sie monatelang observiert. Die Gruppe soll in Deutschland einen Sprengstoffanschlag geplant, aber kein konkretes Ziel gehabt haben. Einer der vier Männer, ein Marokkaner, soll in einem Al-Kaida-Ausbildungslager im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet den Auftrag zu dem Anschlag erhalten haben. Im Juli 2012 begann vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht der Prozess gegen die Angeklagten.
Ein Urteil ist noch nicht in Sicht.

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Sprengstoff herstellen und Bomben bauen. Im September 2007 verhaftete die Spezialeinheit GSG 9 nach monatelanger Observierung drei Männer in Oberschledorn, ein vierter wurde später in der Türkei gefasst und an Deutschland ausgeliefert. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht verurteilte die Männer 2010 zu Haftstrafen von fünf bis zwölf Jahren.

(das)
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