Bundesinnenminister zeigt Härte Friedrich - Razzia-Minister und Salafisten-Jäger

Düsseldorf · Hans-Peter Friedrich sprach Drohungen aus. Wochenlang. Der Bundesinnenminister wollte verbal Härte zeigen gegen jede Form extremistischer Strömungen. Im Fokus: gewaltbereite Salafisten und Rockerclubs. Nun ließ Friedrich seinen Worten Taten folgen.

Das ist Hans-Peter Friedrich
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Am frühen Donnerstagmorgen machte Hans-Peter Friedrich (CSU) ernst. Der Innenminister ordnete bundesweite Großrazzien gegen Vereins- und Gotteshäuser der radikalislamischen Salafisten an. Friedrich zufolge wurden Objekte in sieben Bundesländern durchsucht — die Schwerpunkte der Aktion lagen in Hessen und Nordrhein-Westfalen. Gegen die Solinger Vereinigung Millatu Ibrahim sprach er ein Vereinsverbot aus.

"Salafisten verfolgen das Ziel, den demokratischen Rechtsstaat zugunsten einer Ordnung, die nach ihren Maßstäben 'gottgewollt' ist, zu überwinden. Sie sehen in der Scharia das einzig legitime Gesetz", erklärte der Minister am Donnerstag.

Kein Raum zur Entfaltung

Mit seinem energisches Vorgehen möchte Friedrich demonstrieren: In Deutschland finden islamische Fundamental-Prediger ebensowenig Raum zur Entfaltung wie gewaltbereite Motorradclans. Dem Oberfranken dürfte der Platz des Razzia-Ministers und Salafisten-Jägers in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland sicher sein.

Dabei schöpft der Minister des Innern nur den gesetzlichen Spielraum, den ihm die in der Verfassung verankerte "wehrhafte Demokratie" bietet, aus. Das von den Salafisten verbreitete Islamverständnis sei "schlechthin unvereinbar" mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, so das Argument.

Friedrichs Kampf gegen Salafisten hatte vergleichsweise harmlos begonnen. "Ich halte es grundsätzlich für richtig, wenn staatliche Zuschüsse für solche Extremisten überprüft werden", sagte Friedrich im Hinblick auf geleistete Hartz-IV-Zahlungen jüngst. Es sei unerträglich, wenn diese Leute auf Kosten des Steuerzahlers lebten.

"Rechtsstaat muss sich wehren"

"Der Rechtsstaat muss sich dagegen wehren." Friedrich bezog sich dabei auf den umstrittenen Salafisten-Prediger Ibrahim Abou Nagie, der Hartz-IV- und Kindergeld-Leistungen beziehen sollte. Nagie gilt als Hassprediger. Er hatte im Frühjahr die umstrittene Verteilung kostenloser Koran-Exemplare in Deutschland initiiert.

In den vergangenen Wochen hatte die Sicherheitsdebatte allerdings an Schärfe gewonnen. Bei — zum Teil — gewaltbereiten Kundgebungen zwischen Salafisten und Gegendemonstranten der rechtsextremistischen Vereinigung ProNRW war es zu Auseinandersetzungen gekommen. In Solingen eskalierte Anfang Mai eine als "Spontandemonstration" deklarierte Salafisten-Zusammenkunft. Salafisten bewarfen die Polizei mit Steinen. Es gab Verletzte auf beiden Seiten.

Die neue Dimension der (geistigen) Gewaltbereitschaft, die nach Ansicht des Ministers nicht nur von Salafisten und rechtsextremen Gruppen, sondern auch von den im Untergrund arbeitenden Rockerclubs ausgeht, dürften zum Entschluss geführt haben, Republik-feindlichen Strömungen mit Nachdruck endlich den Garaus zu machen.

Bundesweites Verbotsverfahren?

Im Fokus Friedrichs steht auch die Beendigung des schwelenden Kriegs zwischen den Rockergruppen "Hells Angels" und "Bandidos". Auch hier zeigt Friedrich in Zusammenarbeit mit den Länderministerien Entschlossenheit. Polizisten stürmten Treffpunkte der "Hells Angels", auch Vereinsheime der "Bandidos" wurden durchsucht. Ein bundesweites Verbotsverfahren schließt der Bundesinnenminister nach Auswertung der Razzien nicht aus. Örtliche Ableger der Clans wurden bereits verboten.

Großrazzien gegen Salafisten, Durchsuchungen bei Untergruppen der "Hells Angels" und "Bandidos" und eine Verbotsdiskussion — im Kampf gegen extremistische Strömungen drückt Friedrich mächtig aufs Tempo.

Ein Teil von Friedrichs Strategie war die Eröffnung des Zentrums gegen Rechtsextremismus in Meckenheim bei Bonn Mitte Dezember. Es wurde als Reaktion auf die im November bekannt gewordene Verbrechensserie der Zwickauer Neonazi-Terrorgruppe eingerichtet. In dem Zentrum arbeiten Polizei und Verfassungsschutz sowie Bund und Länder zusammen.

Extremistische Kräfte im Visier

Friedrich denkt offenbar darüber nach, die Kompetenzen des Abwehrzentrums auszuweiten. Alle extremistischen Kräfte, die in Deutschland aktiv sind, sollen ins Visier genommen werden. Für eine Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutz des Bundes und der Länder fehle zwar noch die rechtliche Grundlage, jedoch sollten auch Linksextremisten und Islamisten bewacht werden.

"Grundsätzlich müssen wir in der Lage sein, das Abwehrzentrum auch auf andere extremistische Bereiche auszuweiten", hatte Friedrich jüngst gesagt. Das Zitat kann durchaus als Drohung verstanden werden.

Weitere Razzien am Abend in Norddeutschland

Am Abend gingen die Ermittlungsbehörden nach Informationen von "Focus Online" auch in Schleswig-Holstein und Hamburg gegen Salafisten vor. Die Polizei sei am Donnerstagabend gegen weitere Privatwohnungen von Anhängern der radikal-islamischen Bewegung in der Hansestadt und ihrer Umgebung vorgerückt, berichtete das Magazin.

Hinweise auf weitere Mitglieder und Anhänger der Salafisten-Gruppierungen hatten die Ermittler demnach bei den Razzien im Laufe des Tages gewonnen. Die Durchsuchungsmaßnahmen seien daher ausgeweitet worden. Seien am Morgen noch 70 Zugriffe geplant gewesen, so hätten sie sich am Abend auf 100 erhöht, so "Focus Online".

mit Agenturmaterial

(rpo/nbe/sap/das/felt)
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