Struktur- und Satzungskommission der CDU Frauenquote in der Union nimmt die erste Hürde

Berlin · Die Partei macht einen großen Sprung zur Frauenquote, beruhigt Männer aber mit einer „Sollbestimmung“ bei der Aufstellung von Listen für Parlamentswahlen. Zwei Schritt vor und einen zurück. Aber die Partei verändert sich.

 Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer.

Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Für CDU-Verhältnisse ist der Vorschlag der Satzungskommission ein Kracher: Bei sogenannten Gruppenwahlen für Vorstände soll von der Kreisverbandsebene an bis zum Jahr 2025 eine Frauenquote von 50 Prozent eingeführt werden. Eine entsprechende Regelung soll für Listen zu Landtags-, Bundestags- und Europawahlen für die ersten zehn Plätze gelten. Mit einem Unterschied: Hier geht es um eine „Sollbestimmung“, was so viel bedeutet wie: Kann man machen, kann man aber auch bleiben lassen. Und was sind eigentlich „Gruppenwahlen“? „Das haben wir auf Stellvertreter und Beisitzer beschränkt“, erklärt ein Kommissionsmitglied hinter den Kulissen und freut sich, dass diese Beschränkung im allgemeinen Jubel und Trubel erst einmal untergegangen ist. Für Einzelwahlen von Vorsitzenden, Mitgliederbeauftragten oder Schatzmeistern soll keine Quote gelten. Und die großen Vereinigungen wie Junge Union, Senioren Union, Mittelstand und fünf weitere können machen, was sie wollen.

So gesehen hat die Kommission unter Leitung von Generalsekretär Paul Ziemiak nach Verhandlungen bis in die Nacht zum Mittwoch zwei Schritt vor und wieder einen zurück gemacht. Eine historische Entscheidung, eine Revolution, wie es Frauen in der Partei erhofft hatten, in der es derzeit nur ein freiwilliges Frauen-Quorum von 30 Prozent gibt, ist es nicht. Aber sie freuen sich trotzdem.

Es steigen damit nämlich die Chancen, dass der Vorschlag von Bundesvorstand und Parteitag akzeptiert wird. Weniger würde nun vermutlich blamabel wirken, zumal die Satzungskommission in ihrer Beschlussvorlage selbstkritisch bemerkt hatte, dass die CDU - trotz ihrer Spitzenfrauen Angela Merkel, Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer - „noch nicht die Wirklichkeit der Gesellschaft abbildet.“ Parteichefin Kramp-Karrenbauer, die nicht zur Wiederwahl im Dezember antritt, dürfte der CDU zum Abschied so noch einen Stempel aufdrücken. Sie hat zwar der Kommission keine Vorgaben gemacht, aber sie ließ nie einen Zweifel daran, was sie sich für ihre Partei wünscht: eine verbindliche Quote.

Spannend wird, wie ihr Nachfolger – bisher haben Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen ihre Kandidatur für den Vorsitz angekündigt – eine bessere Verankerung von Frauen in der Parteiarbeit umsetzen wird. Es scheidet ja nicht nur Kramp-Karrenbauer aus einem hohen Amt, auch die Kanzlerin geht, und dann steht die Partei ohne Frau an oberster Stelle da. Röttgen sagt unserer Redaktion: „Ich unterstützte den gefundenen Kompromiss. Er reicht aber nicht, um mehr Frauen für die CDU zu gewinnen.“ Die CDU müsse die besonderen Belange von Frauen thematisch und zu einem dauerhaften Schwerpunkt machen. Von Merz und Laschet gab es auf Anfrage keine Reaktion. Hessens Ministerpräsident und Parteivize Volker Bouffier mahnt: „Die Vorschläge, die die Strukturkommission jetzt vorgelegt hat, erscheinen mir vernünftig und deshalb werde ich sie unterstützen. Wir müssen sie aber auch mit Leben füllen.“

Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen, attestiert der Parteispitze Mut, „in dieser Männerbastion endlich erste Schritte in Richtung von mehr Gleichstellung zu gehen. Es reicht nicht, nur an Spitzenpositionen die Kompetenz von Frauen zu berücksichtigen. Entscheidend wird jetzt sein, ob die Quote auch tatsächlich kommt“. Außerdem reiche eine Quote alleine nicht aus, um Frauen zu stärken. „Die Perspektiven von Frauen sollte auch in der Politik der CDU mehr Berücksichtigung finden. Dass der Union der Kulturwandel erst noch bevor steht, zeigen die internen Misstöne und Widerstände, wie beim unionseigenen Wirtschaftsrat", so Göring-Eckardt.

Ein Stück näher an die Wirklichkeit in der Gesellschaft kommt die CDU, wenn sie auch den Kommissionsvorschlag zur Aufnahme der Lesben und Schwulen in der Union (LSU) als Sonderorganisation im Statut aufnimmt. Damit bekommen die Homosexuellen ein Antragsrecht auf dem Bundesparteitag. Auch sie freuen sich über diese mögliche Wende in der Partei.

Das Signal ist jetzt: Die CDU könnte sich von manchen Traditionen lösen und Veränderungen von Männern und Frauen und deren Leistungen und Liebe in der Gesellschaft anerkennen und als Gewinn für die Partei verstehen. Aber, es bleibe ein Kompromiss, der sehr hart verhandelt werden musste, sagt ein weibliches Mitglied der Kommission. Und der auch noch verteidigt werden müsse.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort