Unionsfraktionssitzung Mini-Aufstand gegen Merkels Flüchtlingspolitik

Berlin · Bundeskanzlerin Angela Merkel bekommt für ihre Flüchtlingspolitik in den eigenen Reihen vermehrt Gegenwind. Bei der Unionsfraktionssitzung am Dienstag kam es zu hitzigen Debatten, Merkel erntete laut einem Medienbericht heftigen Widerspruch und muss um ihre Autorität kämpfen.

 Merkel vor der Sitzung mit Thomas des Maizière und Volker Kauder.

Merkel vor der Sitzung mit Thomas des Maizière und Volker Kauder.

Foto: dpa, nie lof

Wie "Welt Online" berichtet, bezeichneten Teilnehmer die Fraktionssitzung als "denkwürdig". Obwohl die Kanzlerin gleich mehrmals ihre Position persönlich erläutert habe, habe sie heftigen Widerspruch geerntet. Die Stimmung, schreibt das Portal, drohte nach übereinstimmenden Teilnehmerangaben einige Male zu kippen.

So soll Merkel auf die rethorische Frage "Oder glaubt hier jemand ernsthaft, dass wir Flüchtlinge an der Grenze zurückweisen können?" gleich von mehreren Abgeordneten ein spontanes "Ja" erhalten haben, was wiederum Applaus ausgelöst habe.

Zwar sei die CDU-Chefin von gleich mehreren führenden Regierungsmitgliedern und der Fraktionsführung unterstützt worden — etwa von Innenminister Thomas de Maizière —, doch die Fachpolitiker hätten immer wieder dagegen gehalten. So habe der CDU-Abgeordnete Clemens Binninger, früher Bundespolizist, immer wieder Merkels Angaben mit Beispielen aus der Praxis widerlegt. Damit sei er nicht der einzige gewesen.

In der mehrstündigen Debatte hatten zahlreiche CDU- und CSU-Politiker eine härtere Haltung und umfassende Grenzkontrollen gefordert. "Wir dürfen nicht die weiße Fahne hissen", kritisierte Binninger laut der Nachrichtenagentur Reuters. In der Fraktionsführung wird geschätzt, dass etwa ein Fünftel der Abgeordneten diese Meinung teilt.

Horst Seehofer – Merkels mächtiger Gegenspieler im Foto-Porträt
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Horst Seehofer - Merkels mächtiger Gegenspieler

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Der Vorsitzende der Fraktionsgruppe Innenpolitik, Hans-Peter Uhl, soll sogar langfristig die Regierungsfähigkeit in Frage gestellt haben. Er soll kritisiert haben, dass sich Merkel in der Flüchtlingskrise "viel zu sehr auf die Außenpolitik fokussiert" habe. Anschließend habe er davor gewarnt, dass, wenn es "zu keiner Lösung", es eine "Regierungsabwahl" geben werde.

Unions-Fraktionsvize Thomas Strobl sagte derweil im ZDF-Morgenmagazin, dass Merkel nach wie vor das Vertrauen der CDU/CSU-Fraktion habe. "Wir dürfen doch auch einmal in der Sache diskutieren, (...) ohne dass man dann gleich die Kanzlerin infrage stellt." Auch in der Bankenkrise oder der Griechenlandkrise habe es "denkwürdige" Fraktionssitzungen gegeben. "Die CDU/CSU-Fraktion steht geschlossen hinter der Bundeskanzlerin", betonte Strobl.

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