Konstituierende Fraktionssitzung AfD tut sich schwer mit sich selbst

Berlin · Konflikte führen in der ersten Sitzung der neuen AfD-Fraktion zu Komplikationen. Zwei der neuen Parlamentarier sollen nach Ansicht einiger Abgeordneter gar nicht erst in die Fraktion aufgenommen werden. Einer verlässt wenige Stunden später den Saal.

 Parteichef Tino Chrupalla (l.) und die alten Fraktionschefs Alice Weidel und Alexander Gauland beim Gruppenfoto mit AfD-Mitgliedern.

Parteichef Tino Chrupalla (l.) und die alten Fraktionschefs Alice Weidel und Alexander Gauland beim Gruppenfoto mit AfD-Mitgliedern.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Das Gruppenfoto von alten und neuen AfD-Abgeordneten zeigt sie am Mittwochnachmittag noch einträchtig nebeneinander. Es ist vor Beginn der ersten Fraktionssitzung aufgenommen und vermittelt einen Eindruck von parlamentarischer Stärke. 10,3 Prozent bei der Bundestagswahl, 16 direkt gewonnene Mandate, das macht 83 Köpfe. Trotz des Verlustes von zwei Prozentpunkten. Doch der harmonische Schein trügt.

Matthias Moosdorf aus Sachsen und Matthias Helferich aus NRW sollen erst gar nicht in die Fraktion aufgenommen werden, weil sie in der Vergangenheit mit extremen Äußerungen aufgefallen waren. Damit setzt die AfD ihre Machtkämpfe fort. Es geht um die Frage, wie „gemäßigt“ oder wie „völkisch-national“ die Truppe um Jörg Meuthen und Tino Chrupalla ausgerichtet werden soll. Helferich hatte bereits im Wahlkampf belastende Nachfragen ausgelöst und den Bundesvorstand veranlasst, eine Ämtersperre gegen ihn auszusprechen, nachdem er sich – angeblich persiflierend – als „freundliches Gesicht des NS“ bezeichnet hatte.

Schon bei ihrer Wahlergebnis-Betrachtung hatten Meuthen und Chrupalla am Montag den Bruch innerhalb der Partei offengelegt. Meuthen will mit seinen Anhängern auch die bürgerliche Mitte ansprechen; Chrupalla bemüht sich, alle Strömungen zu integrieren. Er hat das Vertrauen des offiziell aufgelösten, informell unter der Regie von Thüringens Parteichef Björn Höcke aber noch gut funktionierenden „Flügels“. Auch die aus den AfD-Gründerzeiten mit dem Oberbegriff wirtschaftsliberal bezeichnete Fraktionschefin Alice Weidel hat sich intensiv um gute Kontakte zum „Flügel“ bemüht – und ihre Karriere damit abgesichert.

Nach dem Ausscheiden des vormaligen Fraktionschefs Alexander Gauland hatten die beiden Wahlkampf-Spitzenkandidaten Chrupalla und Weidel abgesprochen, im Team nun als Chefs der neuen Fraktion weiterzumachen. Meuthen hatte dagegen protestiert und für Einzelabstimmungen plädiert. Vor Beginn der konstituierenden Sitzung wurde von Abgeordneten eine weitere Kanone gegen Weidel in Stellung gebracht – mit dem Antrag, künftig nur noch einen Vorsitzenden zu wählen.

Und das ist nur ein Vorgeschmack auf die Auseinandersetzungen, die der AfD bei ihrem Parteitag im Dezember drohen. Noch hat sich Meuthen nicht entschieden, ob er wieder antritt. Bereits beim Parteitag in Kalkar im vergangenen Jahr gab es nur mühsam kanalisierte Vorstöße, ihn abzusetzen. Wenn er ein weiteres Mal im frontalen Angriff die Auseinandersetzung um die Ausrichtung der AfD sucht, könnten die nach den Wahlen gestärkten „Flügel“-Gefolgsleute Mehrheiten gegen ihn organisieren. Bereits beim Parteitag über das Wahlprogramm hatte sich Höcke mit mehreren Zuspitzungen des Programms durchsetzen können.

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