Flut im Ahrtal Ministerin Spiegel weist Vorwürfe zurück

Mainz · Bundesfamilienministerin Anne Spiegel hat sich am Freitagabend im Untersuchungsausschuss Flut im rheinland-pfälzischen Landtag geäußert. Darin wies sie die Vorwürfe aus den vergangenen Tagen zurück.

 Anne Spiegel (Grüne), frühere Umweltministerin von Rheinland-Pfalz und heutige Bundesfamilienministerin, im Untersuchungsausschuss des Landtags von Rheinland-Pfalz in Mainz.

Anne Spiegel (Grüne), frühere Umweltministerin von Rheinland-Pfalz und heutige Bundesfamilienministerin, im Untersuchungsausschuss des Landtags von Rheinland-Pfalz in Mainz.

Foto: dpa/Arne Dedert

Um kurz nach 21 Uhr betritt Bundesfamilienministerin Anne Spiegel den Zeugenstand. Die Sitzung des Untersuchungsausschuss Flut läuft da schon seit fast zwölf Stunden. „Es ist absolut falsch und ich weise entschieden zurück, dass ich eine andere Priorität hatte als den Menschen zu helfen“, sagte Spiegel. Es war einer ihrer ersten Sätze vor dem Gremium. In den vergangenen Tagen waren interne Chatprotokolle an die Öffentlichkeit gelangt, die nahelegten, Spiegel habe sich am Morgen nach der Flutnacht hauptsächlich um ihr Image gesorgt. „Es gab nur eine Priorität an diesem Tag, an diesem Morgen: Wie wir die Menschen unterstützen können“, sagte Spiegel. Die Nachrichten zu ihrer Darstellung in der Öffentlichkeit seien zwei aus Tausenden an diesem Tag gewesen. Es habe nach dem Austausch mit dem stellvertretenden Regierungssprecher Dietmar Brück keinerlei Aktivitäten hinsichtlich der in den SMS diskutierten Außendarstellung gegeben.

Ministerin war länger telefonisch erreichbar

Spiegel musste sich auch zu ihrer Erreichbarkeit am Tag der Katastrophe erklären. Bislang war im Untersuchungsausschuss angenommen worden, sie habe seit dem Ende der Plenarsitzung am späten Mittwochnachmittag, 14. Juli, keinerlei Telefongespräche mehr geführt bis zum Morgen des 15. Juli. Ihr Staatssekretär Erwin Manz hatte versucht, sie um halb elf anzurufen und morgens vor acht Uhr. Spiegel ging nicht ran. Sowohl Manz als auch Spiegel erklärten allerdings am Freitag, dass sie zurückgerufen habe. Sie habe am Abend von ihrer Mainzer Zweitwohnung aus „ihrer Erinnerung nach“ bis etwa zwei Uhr nachts telefoniert - darunter eben auch mit ihrem Staatssekretär Erwin Manz sowie mit dem Grünen-Fraktionsvorsitzenden Bernhard Braun, sagte Spiegel. Belege in Form von Anruflisten liegen dem Untersuchungsausschuss dazu nicht vor. Spiegel erklärte, der Netzbetreiber habe dies nicht liefern können.

Hätte Spiegel etwas tun müssen?

Während der Plenarsitzung am Nachmittag des Fluttages sei auch Thema gewesen, ob die Ministerin in die betroffenen Flutgebiete fahren solle. Ihr damaliger Staatssekretär Manz habe ihr allerdings davon abgeraten und gesagt, es gehe jetzt um Katastrophenschutz - das sei nicht ihre Aufgabe. Der Katastrophenschutz ist im rheinland-pfälzischen Innenministerium angesiedelt. Innenminister Lewentz (SPD) war am Abend nach Ahrweiler gefahren.

Generell erklärte Spiegel, sie habe sich auf die Aussagen ihres Staatssekretärs verlassen, der in der Hochwasserfrage erfahren gewesen sei. Daher habe sie keinen Anlass gesehen, in funktionierende Abläufe einzugreifen, sagte Spiegel.

Vor Spiegels Aussage haben im Laufe der mehr als vierzehnstündigen Mammutsitzung am Freitag zunächst Mitarbeiter aus Spiegels damaligem Ministerium und der angeschlossenen Behörde Stellung genommen. Weder ihr ihr Büroleiter noch die für Hochwassermeldungen zuständige Behördenleiterin, Sabine Riewenherm, hatten nach eigenen Angaben direkt Kontakt zur Ministerin. „Ich war der Meinung, dass das ein Ausmaß hat, dass die Hausleitung informiert sein sollte und sich gegebenenfalls ein Bild vor Ort machen sollte“, sagte sie am Nachmittag im Untersuchungsausschuss. Das habe sich aber nicht auf den Abend selbst bezogen, ergänzte die damalige Behördenleiterin, die heute Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz ist.

Prognosen höher als bei Jahrhundertflut

Riewenherm erklärte, sie habe Umweltstaatssekretär Erwin Manz am frühen Abend darüber informiert, „dass sich die Lage an der Ahr extrem zuspitzen werde“. Man habe die höchste Warnstufe ausgerufen und es habe sehr hohe Pegelprognosen gegeben - weitaus höher als bei der Jahrhundertflut 2016.

Am Tag danach reiste Spiegel dann ins Flutgebiet, allerdings nicht ins Ahrtal, sondern nach Trier-Ehrang. „Für mich war sehr wichtig, dass ich nicht irgendwo bin, wo ich womöglich Rettungskräften im Weg stand“, erklärte die Ministerin.

135 Menschen waren bei der Flut vom 14. auf den 15. Juli 2021 im nördlichen Rheinland-Pfalz ums Leben gekommen, rund 750 wurden verletzt.

Dieser Artikel erschien zuerst im „Trierischen Volksfreund“

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