Kommentar zu Grenzkontrollen Ein bayerischer Alleingang

Berlin · Die Bayern kontrollieren nun offiziell in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei ihre Grenzen selbst. Sie wollen ihre Kompetenzen noch ausbauen.

 Die Bayern kontrollieren ihre Grenze selbst (Archivbild).

Die Bayern kontrollieren ihre Grenze selbst (Archivbild).

Foto: dpa/Armin Weigel

Der Freistaat Bayern durfte bis Ende der 90er Jahre seine Grenzen selbständig überwachen. Es war ein SPD-Innenminister, der den Blau-Weißen diese Kompetenzen abverhandelte. Seit der Flüchtlingskrise versuchen die Bayern diese hoheitlichen Aufgaben zurückzugewinnen. 2015 und 2016 bot Seehofer, damals noch bayerischer Ministerpräsident, dem Bund die Hilfe seiner bayerischen Beamten an, stieß damit auf keine Gegenliebe.

Mit Hilfe von Seehofer als Innenminister sind die Bayern nun einen Schritt weiter. Es ist klar, wohin die Reise noch gehen soll: Die Bayern wollen ihre Grenzen nicht nur nach Österreich, sondern auch nach Tschechien selbst und vor allem effektiv kontrollieren. Darauf arbeitet der bayerische Ministerpräsident systematisch hin. Die nun mögliche Präsenz der bayerischen Landespolizei an der Grenze ist für ihn ein wichtiger Kompetenzzuwachs im Landtagswahlkampf.

CSU hat an Reputation verloren

Bislang ist die Abschottungspolitik der CSU nach hinten losgegangen. Im Streit um die Zurückweisungen hat die CSU erheblich an Reputation eingebüßt und exakt das Gegenteil von dem erreicht, was gelingen sollte: Die AfD zurückdrängen. Nun ist die AfD in den Umfragen auf einen Rekordwert geklettert und in der Union regt sich bei CSU- und CDU-Politikern Widerstand gegen die Linie von Seehofer und Söder. Die neu gegründete rasch wachsende parteiinterne Initiative der „Union der Mitte“ ist Ausdruck dieses Widerstands.

So lange bayerische Landespolizisten tatsächlich die Bundespolizei unterstützen, ist dagegen nichts einzuwenden. Die Bundespolizei ist stark überlastet. Für die Grenzkontrollen mussten schon Beamte aus anderen Bundesländern angefordert werden. Es steht aber zu befürchten, dass Söder die Unterstützung der Bundesbeamten zum Anlass nimmt, durch die Hintertür seine Vorstellungen von Grenzkontrollen durchzusetzen: Er will Drohnen an der Grenze einsetzen und seine Grenzpolizei auf 1000 Mann ausbauen. Die Bayern haben die Pflicht darauf zu achten, dass ihre Beamten exakt nach den gleichen Regeln agieren wie die Bundespolizei. Hoffentlich nehmen sie diese Pflicht ernst.

Die CSU hat sich mit dem Versuch, der AfD nachzueifern eine blutige Nase geholt. Aus den negativen Folgen für die Partei sollte sie lernen: Die Mehrheit der CSU-Wähler legt ganz offensichtlich Wert auf Anstand im Umgang mit Menschen - egal, ob es sich um Mitglieder der Schwesterpartei oder um Flüchtlinge handelt.

Es steht aber zu befürchten, dass bei den Christsozialen keine Ruhe mehr einkehrt, so lange Seehofer Parteichef ist. Bis zur bayerischen Landtagswahl dürfte der Burgfrieden noch halten. Wenn die CSU - wie zu erwarten - die absolute Mehrheit verfehlt, dann braucht sie einen Schuldigen, den sie der Öffentlichkeit präsentieren kann. Das wird mit Sicherheit Horst Seehofer sein, der dann auch nicht mehr als Innenminister haltbar sein wird.

(qua)
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