Flüchtlinge Transitzonen sollen Flüchtlingsströme begrenzen

Berlin · In Kürze soll in Berlin eine Entscheidung zu den Transitzonen fallen. Vor allem die CSU ist für den Vorschlag von Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Experten halten wenig von dem Konzept.

Flüchtlinge stellen Deutschland vor organisatorische Herausforderung
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Angesichts der gestiegenen Flüchtlingszahlen wird derzeit viel über mögliche Entlastungen der Länder und Kommunen diskutiert. Kanzleramtschef und Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier kündigte daher für diese Woche eine Entscheidung zu geforderten Transitzonen an. Zudem soll ebenfalls in dieser Woche unter Hochdruck ein Gesetz zur Beschleunigung der Asylverfahren verabschiedet werden. Beide Pläne der Bundesregierung werfen einige Fragen auf.

Wie sollen die Transitzonen aussehen, was sollen sie bewirken?

Die von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) vorgeschlagenen Transitzonen sollen den Flüchtlingszuzug eindämmen, indem in Lagern etwa an der bayerischen Grenze Schnellverfahren laufen. Ähnlich den bestehenden Regeln für Flughafenverfahren soll vor einer Einreise nach Deutschland festgestellt werden, ob eine Person Aussicht auf Asyl hat. "Unzulässige und offensichtlich unbegründete Verfahren" sollen rasch beendet und die Personen zurückgeschickt werden, heißt es im Innenministerium. Wer aus sicheren Herkunftsstaaten kommt oder keinen Pass dabei hat (etwa ein Drittel der Schutzsuchenden), würde zurückreisen müssen.

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Was sagen Gegner der Zonen?

Organisationen wie Pro Asyl verweisen darauf, dass geltendes deutsches Recht derlei Transitzonen verbiete. Aber selbst wenn es in dieser Woche zu einer Gesetzesänderung kommen würde, wären Transitzonen für Pro Asyl und andere ein Horrorszenario. Sie fürchten einen Stau von Menschen in Lagern bei schlimmen Bedingungen, appellieren an das Rechtsstaatsprinzip, wonach auch Asylbewerbern Einspruch gegen Verfahrensbescheide zustehe.

Wie sollen die üblichen Verfahren beschleunigt werden? Der entsprechende Gesetzentwurf, der heute im Innenausschuss diskutiert wird, sieht ein ganzes Maßnahmenbündel vor. Unter anderem sollen Kosovo, Albanien und Montenegro zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden. Menschen aus solchen Ländern sollen gezwungen werden, bis zu sechs Monate in den Erstaufnahmelagern zu bleiben, und dürfen nicht arbeiten.

Was halten Experten davon?

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) pocht in ihrer Stellungnahme für den Innenausschuss vor allem darauf, das Beschäftigungsverbot für Flüchtlinge in der Zeitarbeit vollständig abzuschaffen. Peter Clever, Mitglied der BDA-Hauptgeschäftsführung, schreibt: "Statt einer Abschaffung dieses Verbots - so wie es vom Koalitionsausschuss beschlossen wurde - wurden lediglich wenige Ausnahmen vorgesehen, so dass vor dem Ablauf des Voraufenthalts von 15 Monaten eine Tätigkeit in der Zeitarbeit nur im hochqualifizierten Bereich und bei qualifizierten Mangelberufen möglich ist."

Das sei kontraproduktiv und gehe am praktischen Bedarf vorbei, sagt Clever. In einem gemeinsamen Brief kritisieren katholische und evangelische Kirche, dass die Maßnahmen die Situation von Asylsuchenden "empfindlich zu verschlechtern" und "teilweise verfassungsrechtlich gesicherte Rechte der Betroffenen einzuschränken" drohen. Das gelte für die Absenkung des Leistungsniveaus für bestimmte Asylsuchende. Auch der Plan, die Verpflichtung, in Erstaufnahmeeinrichtungen zu wohnen, auf sechs Monate zu verlängern, trage zu einer deutlichen Verschlechterung der Situation von Flüchtlingen bei, heißt es in ihrem Schreiben.

NRW-Innenminister Jäger skeptisch

Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat unterdessen Transitzonen für Flüchtlinge nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Man müsse darüber im Gespräch bleiben, es gebe noch kein Modell, sagte Jäger am Montag im Sender "WDR 2". Er fügte aber hinzu: "Ich bin sehr skeptisch was die Umsetzung angeht."

Im "WDR" machte Jäger verfassungsrechtliche Bedenken geltend. In Transitzonen müsse man die Flüchtlinge faktisch in Haft nehmen. Außerdem wäre nur eine relativ kleine Zahl betroffen, nämlich diejenigen aus sicheren Herkunftsländern.

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(jd)
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