"Blankes Chaos" in Gesundheitsämtern Experten: Flüchtlinge sollen geimpft werden

Berlin/Düsseldorf · Die städtischen Gesundheitsbehörden sind überlastet. Künftig sollen Ärzte aus den Reihen der Flüchtlinge helfen. Experten rechnen für diesen Herbst und Winter mit vielen Influenza-Fällen in den Flüchtlingsunterkünften.

Was ist was - Begriffe zum Thema Flüchtlingsunterkünfte
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Foto: dpa, rwe lof

Auch die Bundesregierung will den Impfschutz für Flüchtlinge verbessern. Schon heute können sich Asylbewerber impfen lassen. Künftig sollen die Gesundheitsbehörden auf die Flüchtlinge zugehen und Impfungen nahelegen. Ein entsprechender Beschluss soll am Donnerstag beim Bund-Länder-Gipfel in Berlin fallen.

Die Gesundheitsämter in vielen Städten sind jedoch überlastet. In einigen herrsche das "blanke Chaos". Wolfgang Ditz vom Mönchengladbacher Gesundheitsamt verteidigte seine Behörde: "Auf diese Situation war kein Mensch vorbereitet. Wir können ja nicht steuern, wer wann zu uns kommt." Für die Behörden ist es vorrangig, die Flüchtlinge auf schwerwiegende ansteckende Krankheiten zu untersuchen. Das Robert-Koch-Institut hat im Internet eine Liste mit Krankheiten veröffentlicht, die abgeklärt werden müssen, wenn ein Flüchtling Symptome zeigt. Die Zahl der Tuberkulose-Verdachtsfälle im Kreis Viersen konnte gestern von sieben auf vier reduziert werden. Die Betroffenen liegen zur Überwachungen auf Isolierstationen im AKH Viersen und im Franziskus-Krankenhaus Mönchengladbach.

Flüchtlinge: In diesen Regionen der EU ist der Andrang besonders groß
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Zur Entlastung der deutschen Ärzte vor Ort sollen sich künftig auch Mediziner aus den Reihen der Flüchtlinge um ihre Landsleute kümmern. Der Chef des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, begrüßte das Vorhaben und sprach sich dafür aus, das Prinzip auch auf andere Berufsgruppen auszudehnen. "Viele Kommunen sind derzeit auch personell überfordert, und deshalb kann es durchaus Sinn haben, auch andere Berufsgruppen, die man unter den Flüchtlingen findet, zu nutzen", sagte Landsberg. Das gelte zum Beispiel für handwerkliche Hilfskräfte, für Dolmetscher, für Psychologen und auch für Lehrer und Kindergärtner.

Streit dürfte es um mögliche feste Flüchtlingsquoten in der Europäischen Union geben. Das Beschlusspapier, über das heute die EU-Innenminister in Brüssel beraten wollen, sieht vor, dass Staaten, die keine Flüchtlinge per Quote aufnehmen wollen, zumindest einen finanziellen Beitrag leisten. Danach sollen die Länder für jeden Flüchtling, dessen Aufnahme sie verweigerten, einmalig 6500 Euro zahlen.

Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) will indes mit Sanktionen gegen unwillige Mitgliedstaaten der Europäischen Union vorgehen. "Wer kräftig aus Geldprogrammen der EU profitiert und sich dann weigert, auch einmal Lasten zu tragen, der darf seine Zuschussquote nicht zu 100 Prozent ausschöpfen. Die Finanzmittel sollten dann eingefroren werden, bis die Last erfüllt ist", sagte die CDU-Politikerin unserer Redaktion.

(qua)
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