Durchsuchungsbeschluss auf Twitter Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Scholz’ Staatssekretär

Berlin · Wolfgang Schmidt ist seit rund dreieinhalb Jahren Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. In der vergangenen Woche wurde das Ministerium durchsucht. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Schmidt eingeleitet.

 Das Bundesministerium der Finanzen.

Das Bundesministerium der Finanzen.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Die Staatsanwaltschaft Osnabrück hat ein Ermittlungsverfahren gegen den Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Wolfgang Schmidt, eingeleitet. Grund sei das teilweise Veröffentlichen eines Durchsuchungsbeschlusses bei Twitter, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Dienstag. Dabei soll es sich um wesentliche Teile des Durchsuchungsbeschlusses handeln. Das Verfahren sei an die Staatsanwaltschaft Berlin übergeben worden. Schmidt schrieb am Dienstag auf Twitter, dass er zuversichtlich sei, dass die Vorwürfe schnell ausgeräumt werden könnten.

Bei Ermittlungen gegen Verantwortliche der Financial Intelligence United (FIU), einer Geldwäsche-Spezialeinheit des Zolls, hatte die Staatsanwaltschaft Osnabrück in der vergangenen Woche das Bundesfinanzministerium und -justizministerium durchsuchen lassen. Dabei wurden auch Unterlagen beschlagnahmt, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Die Staatsanwälte gehen seit vergangenem Jahr einem Verdacht auf Strafvereitelung im Amt durch die FIU nach.

Laut Schmidt sei der Eindruck entstanden, dass gegen Beschäftigte des Bundesministeriums ermittelt werde. „Dieser falsche Eindruck machte es nötig, dass sich die Öffentlichkeit selber ein Bild von den Fakten machen kann“, schrieb er weiter.

Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ermittelt gegen Mitarbeiter der Anti-Geldwäsche-Behörde FIU, die indirekt beim Bundesfinanzministerium angesiedelt ist. Der Vorwurf: Die Mitarbeiter sollen Verdachtsmeldungen zur Terrorfinanzierung nicht rechtzeitig weitergeleitet haben, so dass Ermittler nicht eingreifen konnten. In diesem Zusammenhang gab es auch Untersuchungen im Finanzministerium - nicht, weil Ministeriumsmitarbeiter beschuldigt werden, sondern weil man an E-Mails zwischen FIU und Ministerium rankommen wollte.

Der entsprechende Paragraf 353d des Strafgesetzbuches verbietet es laut Osnabrücker Staatsanwaltschaftssprecher, Dokumente aus Ermittlungsverfahren, etwa Durchsuchungsbeschlüsse, öffentlich zu machen, bevor sie vor Gericht verhandelt werden. Dies wird Schmidt nun vorgeworfen.

Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte im jüngsten Triell betont, die Untersuchungen hätten nichts mit dem Ministerium selbst zu tun. Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) dagegen wies darauf hin, dass Scholz als Ministeriumschef für alles Verantwortung trage, was in seinem Haus und in den nachgeordneten Behörden schief laufe.

Probleme bei der Geldwäsche-Einheit sind allerdings schon länger bekannt. Bereits unter dem CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble, Scholz' Amtsvorgänger, gab es Kritik, die Behörde habe zu wenige Mitarbeiter und keinen Zugriff auf relevante polizeiliche Datenbanken. Scholz stockte die Zahl der Beschäftigten laut Ministerium auf, die FIU kann heute zudem auf die Daten des Bundeskriminalamts zugreifen. Doch Experten gehen davon aus, dass sie trotzdem nicht effektiv arbeitet und jährlich Milliarden Euro aus krimineller Herkunft in Deutschland gewaschen werden.

FDP, Linke und Grüne haben wegen der Ermittlungen bei der Verfolgung von Geldwäsche indes eine Sondersitzung des Bundestagsfinanzausschusses noch vor der Wahl beantragt. Die nunmehr bekannt gewordenen Vorwürfe und Ermittlungsmaßnahmen erreichten „eine bisher ungeahnte Qualität“, heißt es in einem Schreiben an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), das der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag vorlag. Marco Buschmann (FDP), Jan Korte (Linke) und Britta Haßelmann (Grüne) bitten in dem Brief um Anwesenheit von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am 20. oder 22. September.

(mba/dpa)
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