Partei streitet über Hotel-Steuer FDP will Pinkwart einfangen

Berlin (RPO). Der Streit in FDP und Union über eine mögliche Rücknahme der beschlossenen Mehrwertsteuersenkung für Hotelübernachtungen nimmt an Schärfe zu. FDP-Vize Andreas Pinkwart plädiert drei Monate vor der NRW-Wahl für eine Aussetzung - und brüskiert damit die eigene Partei. Die reagiert nun auf Bundesebene. Und zwar mit einem deutlichen "Basta".

 Andreas Pinkwart (FDP) nannte Grundzüge des Konzepts.

Andreas Pinkwart (FDP) nannte Grundzüge des Konzepts.

Foto: AP, AP

Pinkwart sagte dem "Spiegel", man sollte die "Steuersenkung für Hoteliers aussetzen und im Rahmen der großen Steuerreform neu machen". Falls die Bundesregierung nichts ändere, "bringen wir das über den Bundesrat ein", drohte Pinkwart. Pinkwart ist auch FDP-Landeschef und Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 9. Mai. Umfragen zufolge könnten CDU und FDP ihre bisherige Mehrheit verlieren.

Das Echo aus Berlin ist deutlich. FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger weist die Forderung ihres Parteikollegen zurück und wirft ihrem Parteifreund dabei indirekt vor, einen chaotischen Eindruck in der Öffentlichkeit zu erwecken. "Wir bleiben bei unserer verlässlichen Wirtschafts- und Steuerpolitik", so Homburger gegenüber unserer Redaktion. "Auch wenn es Kritik an einigen Punkten der Ausführung gibt, bleibt die Entlastung für die vielen kleinen Hotels, Pensionen und Ferien auf dem Bauernhof richtig", stellte Homburger klar.

Gleichwohl wäre es gut, wenn Finanzminister Wolfgang Schäuble die Kritik an den Ausführungsbestimmungen zum Anlass nähme, diese nochmals zu überprüfen, fügte die Fraktionschefin hinzu.

Gleichzeitig kündigte Homburger eine tiefgreifende Reform des Mehrwertsteuersystems in Deutschland für den weiteren Verlauf der Wahlperiode an. Das System sei nach immer neuen Einzelfallregelungen völlig unübersichtlich geworden. "Deshalb werden wir es gründlich überarbeiten", betonte Homburger. "Sieben Prozent auf Trüffel, 19 Prozent auf Windeln - solche Ungereimtheiten müssen raus," unterstrich die FDP-Politikerin. Wegen der Komplexität des Themas sei dies nicht in den ersten hundert Tagen zu machen gewesen.

Auch an anderer Stelle stößt Pinkwart auf ein negatives Echo. Seinen Vorstoß hat er offensichtlich nicht abgesprochen. Die Außenwirkung ist wenig vorteilhaft. Weiß da der Kopf nicht, was die Hand gerade macht? Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet ist die Bundesführung stinksauer. "Der Mann betreibt ein gefährliches Spiel", heißt es dort angeblich über den nordrhein-westfälischen Wissenschaftsminister. Anfang der Woche müsse er "wieder eingefangen werden". So soll es die Parteispitze telefonisch verabredet haben.

Finanzexperte Hermann Otto Solms zeigte sich überrascht. "Das Gesetz ist ausführlich beraten und mit klarer Mehrheit beschlossen worden. Deshalb bin ich überrascht über den Vorstoß", sagte der FDP-Steuerexperte der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". Denkbar seien allenfalls Änderungen an den Ausführungsbestimmungen des Gesetzes, um mögliche bürokratische Belastungen der Hoteliers zu beseitigen. Solms verlangte von seinem Parteifreund eine Erklärung für den Vorstoß: "Er sollte das erst mal begründen."

Ähnlich äußerte sich der parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Ernst Burgbacher (FDP) im "Tagesspiegel am Sonntag". Eine Aussetzung des Steuerprivilegs komme für die Bundesregierung nicht in Frage. "Der reduzierte Mehrwertsteuersatz ist nötig, um Wettbewerbsverzerrungen in der Hotelbranche zu beseitigen und so Arbeitsplätze, Beschäftigung und Wachstum zu sichern", sagte der FDP-Politiker.

Unterstützung findet Pinkwart hingegen bei CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers: "Es ist gut, dass Herr Pinkwart gesagt hat, dass die Absenkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen ein Fehler war. Die Bundesregierung sollte den Pinkwart-Vorschlag ernsthaft prüfen", ließ Rüttgers über die Düsseldorfer Staatskanzlei erklären.

Die Opposition nimmt die Auseinandersetzung im Koalitionslager als willkommenen Rückenwind. Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, sprach von Panik bei der FDP. "Nach dem Sinkflug bei den Umfragen fürchtet die nordrhein-westfälische FDP offenbar den Sturzflug bei den Landtagswahlen", erklärte er. Pinkwart könne aber geholfen werden. "Die FDP-Bundestagsfraktion muss nur den am Donnerstag im Bundestag gelesenen Anträgen der Opposition zur Rücknahme der Mehrwertsteuersenkung für die Hotellerie zustimmen, schon ist der Unsinn vom Tisch", sagte er.

Beck spielte damit auf die jüngsten Umfragen an. In der Öffentlichkeit hat der Ruf zuletzt offensichtlich schwer gelitten. Das jüngste Kapitel lieferte der Sonntag: In einer Beliebtheitsumfrage des Instituts emnid schnitten vor allem die vier FDP-Bundesminister überdurchschnittlich schlecht ab. Sowohl die Arbeit von Außenminister Guido Westerwelle als auch die von Gesundheitsminister Philipp Rösler wurde von 47 Prozent der Befragten als schlecht eingestuft, wie die "Bild am Sonntag" berichtet. Auch bei Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (38 Prozent) und bei Entwicklungsminister Dirk Niebel (27 Prozent) überwog die negative Einschätzung gegenüber der positiven.

FDP und CSU hatten in den Koalitionsverhandlungen eine Senkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen von 19 auf sieben Prozent durchgesetzt. Diese trat zum Jahresanfang in Kraft. Danach wurde bekannt, dass beide Parteien Zuwendungen der Familie von August Baron von Finck, eines Miteigentümers der Mövenpick-Hotelgruppe, in Höhe von 1,1 Millionen Euro beziehungsweise 820.000 Euro erhalten hatten.

(apd/AFP/RTR)
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