Koalition im Saarland gescheitert FDP-Krise setzt Jamaika ein Ende

Saarbrücken · Während die FDP auf dem Dreikönigstreffen kämpft, zerbricht das Jamaika-Bündnis im Saarland. Die Liberalen dort sollen Schuld haben, sagt die Landeschefin. Nun spricht einiges für Schwarz-Rot. Aber ausgemacht ist das noch nicht.

Chronologie der Querelen in der Saar-FDP
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Foto: dpa, Fredrik von Erichsen

Sie wurde nur zwei Jahre alt - die erste Jamaika-Landesregierung in Deutschland. Bei der Geburtsstunde im November 2009 sprach der damalige Saar-Ministerpräsident Peter Müller von einem "ambitionierten Projekt".

Möglicherweise war es zu ambitioniert: Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) erklärte am Freitag das Ende. Die bisherigen Partner zeigten sich völlig überrascht. Einen fertigen Plan zauberte am Freitag deshalb niemand aus dem Hut: Neben einer großen Koalition stehen auch Neuwahlen im Raum.

Die Landesmutter erklärte das Bündnis just für gescheitert, als FDP-Chef Philipp Rösler beim Dreikönigstreffen in Stuttgart versuchte, seine Liberalen zu einem weiteren Neuanfang aufzurufen. "Gemeinsam reißen wir das Ruder rum", rief er den Liberalen zu.

Er hatte es sicher nicht auf seine Kollegen an der Saar bezogen: Schließlich kommt die FDP laut dem ARD-"Deutschlandtrend" in der bundesweiten Sonntagsfrage nur noch auf zwei Prozent. Was heißt das Aus nun für die schwarz-gelbe Koalition im Bund? CDU und FDP betonen, sie sähen keine Auswirkungen.

Kramp-Karrenbauer: Die FDP ist schuld

Für Kramp-Karrenbauer war klar: Die FDP ließ das Bündnis kentern, nachdem es schon in Turbulenzen geraten war. Hinter den Kulissen soll es schon länger gegärt haben. Die Liberalen griffen die Ministerpräsidentin deshalb auch an und warfen ihr einen bewussten Alleingang vor. FDP-Landesvize Sebastian Greiber kritisierte, die FDP habe aus den Medien von der Entscheidung erfahren.

An der Saar war FDP-Fraktionschef Christian Schmitt kurz vor Weihnachten zurückgetreten - am selben Tag wie FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Der designierte Nachfolger Christoph Kühn warf nach parteiinterner Kritik wegen einer "Dienstwagenaffäre" zwischen den Jahren das Handtuch. Kramp-Karrenbauer redete ihrem Partner ins Gewissen, doch es half offensichtlich wenig.

Jetzt geht es um einen neuen Partner. Die Regierungschefin möchte mit der SPD sprechen und klären, ob eine große Koalition möglich ist. SPD-Generalsekretär Reinhold Jost ließ vor den Sitzungen der Parteispitze zwar offen, ob er das Gesprächsangebot annimmt. Doch er sagte auch diese beiden Sätze: "Mitten in der größten Existenzkrise des Landes steckte die Regierung selbst monatelang in einer tiefen Krise fest und war nahezu handlungsunfähig. Es gilt jetzt, diesen Regierungsnotstand zu beenden."

Der frühere Saar-Landesvater Müller hatte 2010 - nach einem Jahr Jamaika - noch von einer "stabilen und vertrauensvollen Zusammenarbeit" gesprochen. Doch die Umfragemehrheit verlor das Bündnis bereits vor etwas mehr als einem Jahr. Müller wechselte 2011 als Richter ans Bundesverfassungsgericht. Kramp-Karrenbauer wurde erst im zweiten Anlauf als Ministerpräsidentin gewählt, bekam nur knapp die notwendige Mehrheit - und eine Stimme weniger als die Jamaika-Koalition insgesamt hat. An der Saar hält sich das Gerücht, der Abweichler sei ein FDP-Mann gewesen.

SPD-Chef Heiko Maas, der bei der MP-Wahl von Kramp-Karrenbauer als Gegenkandidat angetreten war, frohlockt schon seit einiger Zeit. Die Opposition aus SPD und Linken - mit Oskar Lafontaine als Linke-Fraktionschef - rechnete zumindest bis vor wenigen Wochen nicht damit, dass das Jamaika-Bündnis vorzeitig platzen könnte. Bei einer Umfrage des Saarländischen Rundfunks im November hatten SPD und Linke mit 47 Prozent die Nase vorn, CDU, FDP und Grüne kamen auf 45 Prozent. Das dürfte neben Maas auch Lafontaine gefreut haben.

Bundes-SPD stellt sich auf Neuwahlen im Saarland ein

Nach dem Aus für die Jamaika-Koalition an der Saar stellen sich SPD, Linke und Grüne im Bund auf vorgezogene Wahlen in dem Bundesland ein. Ein "fliegender Wechsel" in eine große Koalition unter Führung der CDU sei unwahrscheinlich und den eigenen Anhängern kaum zu vermitteln, hieß es am Freitag aus der SPD-Führung in Berlin.
Dabei wurde auf Umfragen verwiesen, wonach die SPD im Saarland deutlich vor der bislang regierenden CDU liegt.

Die Bundes-CDU bedauerte den Bruch der Jamaika-Koalition im Saarland, sah aber keine Auswirkungen auf die schwarz-gelbe Bundesregierung in Berlin. Es handele sich eine "rein regionale Angelegenheit", sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe am Freitag. "In Zeiten großer Herausforderungen braucht das Saarland nun zügig stabile Verhältnisse." Daher sei es gut, dass Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bereits Gespräche zur Bildung einer neuen Koalition angeboten habe.

Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Elke Ferner, plädierte dafür, zunächst auf die von der Saar-CDU angebotenen Gespräche über eine gemeinsame Regierung einzugehen. Wenn sich die CDU dabei nicht auf substanzielle Forderungen der SPD einlasse, müsse der Landtag neu gewählt werden, sagte die saarländische Bundestagsabgeordnete der Zeitung "Die Welt".

Auch Grünen-Chef Cem Özdemir plädierte für Neuwahlen. "In der aktuellen Situation wäre es die beste Lösung, dazu beizutragen, dass der aktuelle Wählerwille im Saarland abgebildet wird", sagte er. Es reiche nicht aus, das Problem durch einen Wechsel der Regierungspartner zu lösen. Den Bruch der Jamaika-Koalition sah Özdemir als Vorboten für ein Ende von Schwarz-Gelb im Bund.

Nach den Worten von Oskar Lafontaine bietet das Jamaika-Ende die Chance für einen politischen Neuanfang. Dafür seien Neuwahlen der sauberste Weg, sagte der Fraktionschef der saarländischen Linken und frühere Linke-Bundesvorsitzende. Es werde der Landes-SPD als Wunschpartnerin der amtierenden Ministerpräsidentin schwerfallen, ihren Wähler und ihren Mitgliedern zu vermitteln, dass "ausgerechnet mit der abgewirtschafteten CDU ein politischer Neuanfang an der Saar möglich ist".

(dpa/das/felt/csr)
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