Liberale suchen neue Führung FDP-Krise belastet Merkel

Berlin (RP). Die FDP will an diesem Mittag über die Nachfolge von Guido Westerwelle als Parteichef und weitere Veränderungen an der Partei- und Fraktionsspitze entscheiden. Dazu trifft das Präsidium mit den Vorsitzenden der Landesverbände zu einer Sondersitzung in Berlin zusammen. Nach Informationen unserer Redaktion aus Parteikreisen zeichnet sich eine umfassende Verjüngung der Führung ab.

Das ist Philipp Rösler
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Demnach soll Gesundheitsminister Philipp Rösler (38) neuer Parteivorsitzender werden und auch das Amt des Vizekanzlers übernehmen. Er soll aber vorerst Gesundheitsminister bleiben. "Es ist völlig klar, dass der nächste Parteivorsitzende, wenn er dem Kabinett angehört, auch Vizekanzler wird", sagte Westerwelle nach Angaben von Teilnehmern in der Präsidiumssitzung.

Vor den Bundestagswahlen 2013 soll Rösler Überlegungen zufolge aber ein anderes Ministerium, im Gespräch ist das Wirtschaftsressort, übernehmen. So könne eine junge Mannschaft offensiv in die Wahlen gehen, hieß es an der Parteispitze. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle will sein Amt im Bundeskabinett allerdings nicht aufgeben. Der geforderte Generationenwechsel sei zwar richtig, sagte er unserer Redaktion. "Aber ich glaube, dass eine klare ordnungspolitische Linie in der FDP weiter gewünscht ist. Dafür stehe ich."

Brüderle spricht von einer "guten Mischung"

Die neue Führung müsse eine "gute Mischung aus erfahrenen und jüngeren Kollegen" aufweisen, sagte Brüderle. "Wir brauchen jetzt ein Team, das harmonisch und fair miteinander arbeitet. Politik ist ein Mannschaftsspiel." Sollte Rösler Mitte oder Ende 2012 Wirtschaftsminister werden, soll sein bisheriger Staatssekretär, der nordrhein-westfälische FDP-Chef Daniel Bahr (34), an die Spitze des Gesundheitsministeriums rücken.

Im Gespräch ist auch ein personeller Wechsel an der Spitze der Bundestagsfraktion. Generalsekretär Christian Lindner ist als Nachfolger von Birgit Homburger im Gespräch. Vor allem die jungen Abgeordneten, rund ein Drittel der Fraktion, sollen Lindner zu dem Schritt drängen. Auch Bahr wird als Alternative für den Fraktionsvorsitz gehandelt. Entsprechende Personalrochaden hätten Lindner, Rösler, Bahr und der Noch-FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle am Sonntagnachmittag in kleiner Runde besprochen, hieß es. Die FDP werde "zukünftig im Team" geführt, sagte Lindner nach der gestrigen Präsidiumssitzung. Über Kandidaten sei aber nicht gesprochen worden. An Spekulationen wolle er sich nicht beteiligen.

Westerwelle zögerte lange

Die Krise bei den Liberalen stellt auch für die schwarz-gelbe Regierung eine Belastung dar. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die in der wichtigen Koalitionsrunde künftig neben CSU-Chef Horst Seehofer wohl mit dem jungen Philipp Rösler über die Politik der Regierung verhandeln wird, sprach von einem "Einschnitt für die liberale Partei".

Die Personaldebatte bei den Liberalen hatte nach den verlorenen Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz an Fahrt gewonnen. Westerwelle hatte lange gezögert, bevor er am Sonntagabend den Verzicht auf den Parteivorsitz offiziell erklärte. Außenminister will er bleiben. Zuvor hatte er sich in seiner Privatwohnung in Berlin mit den Nachwuchskräften der Partei beraten. Gesundheitsminister Rösler war von Hannover aus, wo er mit seiner Frau Wiebke und den Zwillingstöchtern lebt, zugeschaltet.

Die jungen FDP-Politiker fordern seit einigen Jahren eine inhaltliche Erneuerung der Partei und stimmen sich dabei eng ab. Minister Brüderle warnt vor einer Abkehr von einem ordnungspolitischen Kurs: "Die Grundprinzipien Marktwirtschaft, Wettbewerb und Ordnung sind existenzieller Bestandteil der FDP. Da haben wir die konsequenteste Haltung."

(RP)
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