„War ein Fehler“ FDP-Chef Lindner entschuldigt sich im Bundestag für Thüringen-Debakel

Berlin · Acht Tage nach der Wahl von Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten hat sich FDP-Chef Christian Lindner im Bundestag einsichtig gezeigt. Er entschuldigte sich für das Debakel.

 Christian Lindner.

Christian Lindner.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

FDP-Chef Christian Lindner hat sich in einer hoch emotionalen Debatte im Bundestag für die Vorgänge rund um die Wahl des Liberalen Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten entschuldigt. In einer von der Linken einberufenen aktuellen Stunde zeigte sich Lindner am Donnerstag im Namen seiner Partei beschämt. Während die AfD Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit ihren Äußerungen zur Thüringen-Wahl SED-Methoden vorwarf, kritisierte die Linke die CDU als scheinheilig.

Thüringens FDP-Partei- und -Fraktionschef Kemmerich war neben den Stimmen seiner Partei mit den Stimmen von CDU und AfD zum Ministerpräsidenten in Thüringen gewählt worden und hatte den Linken Bodo Ramelow abgelöst. Die Unterstützung durch die AfD löste ein politisches Beben in Deutschland aus.

Lindner sagte, die FDP sei beschämt, weil sie der AfD ermöglicht habe, die FDP und darüber hinaus die Demokratie zu verhöhnen. "Dafür entschuldige ich mich namens der Freien Demokraten." Die FDP habe sich aber ihrer Verantwortung gestellt. "Erfurt war ein Fehler, aber wir unternehmen alles, damit er sich nicht wiederholen kann." Seine Partei arbeite diesen Fehler auf.

Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali begründete die von ihrer Fraktion einberufene aktuelle Stunde damit, dass der Zustand der deutschen Demokratie "alarmierend" sei. Der Nachkriegskonsens aller demokratischen Parteien, keine Zusammenarbeit mit Nazis einzugehen, sei in Thüringen verletzt worden. "Viele Menschen haben ihr Vertrauen in die Demokratie verloren durch diese Wahl."

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak griff den Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke an. Manche fragten ihn, warum er Höcke als Nazi bezeichne, sagte Ziemiak. Die Antwort sei ganz einfach: "Weil er einer ist." Ziemiak griff aber auch die Linke an, mit der die CDU wie mit der AfD ein Kooperationsverbot hat. Mit der Linken werde es weiter keine Zusammenarbeit geben. "Es geht jetzt darum, dass wir die politische Mitte in diesem Land stärken und nicht die Ränder."

AfD-Fraktionschef Alexander Gauland sagte, er erwarte hingegen, dass die CDU das Kooperationsverbot mit der Linken beende. Danach dürfte niemand mehr wissen, wofür die CDU stehe - "uns kann das nur recht sein".

Gauland nannte die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen und deren Umstände "die natürlichste und demokratischste Sache von der Welt". Es sei aber nicht normal, wenn wie geschehen Bundeskanzlerin Merkel fordere, solch eine demokratische Wahl zurückzunehmen. Damit habe Merkel schlimmer gehandelt als die SED-Führung in der DDR - "nicht einmal Walter Ulbricht wäre Frau Merkel gefolgt", sagte Gauland.

Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Carsten Schneider, forderte die CDU dazu auf, ihr Verhältnis zur Linkspartei neu zu überdenken. Die CDU müsse sich überlegen, ob sie mit dieser "fatalen Gleichsetzung" der Linken mit der AfD nicht das Geschäft der politischen Rechten betreibe. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte über die Thüringer Linke, diese habe sich mit ihrer Vergangenheit auseinandergesetzt - nur deshalb seien die Grünen in Thüringen mit der Linken eine Koalition eingegangen.

Linken-Fraktionsgeschäftsführer Jan Korte sagte, anders als die CDU und deren DDR-Ableger habe die Linke ihre DDR-Vergangenheit aufgearbeitet. "Die CDU der DDR war keine Oppositionspartei, die war Teil der DDR-Regierung und fand alles richtig, was die DDR-Regierung gemacht hat, inklusive Mauerbau". Da sei es "relativ schräg", die Linke anzugreifen und sich als moralischer Richter aufzuspielen.

(mja/AFP)
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