Corona im Regierungsviertel Erster Abgeordneter hat sich infiziert

Berlin · Nun hat auch der Bundestag seinen ersten Corona-Fall. Ein FDP-Abgeordneter wurde am Mittwoch positiv getestet. Andere Politiker sind nach Kontakten in Quarantäne.

 Der Bundestag am Mittwoch während einer Fragestunde zur Entwicklung der Corona-Krise.

Der Bundestag am Mittwoch während einer Fragestunde zur Entwicklung der Corona-Krise.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Die FDP-Bundestagsfraktion hat am Mittwoch Abend bestätigt, dass die Parlamentsärztin bei einem ihrer Abgeordneten eine Infektion mit dem Coronavirus festgestellt hat. In Absprache mit der Medizinerin und dem Bezirksamt von Berlin-Mitte seien „umgehend alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen“ worden, teilte die FDP mit. Die Mitarbeiter des Politikers befänden sich bereits in einer vorsorglichen Quarantäne. Am Abend arbeiteten Fraktion und Verwaltung an einer Liste mit Kontaktpersonen, die ebenfalls vorsorglich in Quarantäne gehen sollen.

Betroffen kann eine Vielzahl von Politikern sein, da es den Politiker mitten in einer gewöhnlichen Sitzungswoche mit zahlreichen Versammlungen und Konferenzen erwischte. So traf sich am Dienstag die gesamte FDP-Fraktion. Schon zuvor waren die Fraktionen übereingekommen, in dieser Woche auf Namentliche Abstimmungen im Plenum zu verzichten. Dabei wird festgestellt, wie sich der einzelne Abgeordnete zu einem bestimmten Vorhaben entscheidet und wirft eine gekennzeichnete Stimmkarte in bereitstehende Urnen. Dabei entsteht immer wieder ein dichtes Gedränge bei der Stimmabgabe.

Die Auswirkungen auf den Parlamentsbetrieb sind noch nicht absehbar. Zuvor hatte der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach die Devise ausgegeben: „Die Gesetzgebung muss weitergehen.“ Schließlich gehe es nicht zuletzt darum, auch die Gesetze zur Bewältigung der Coronakrise zu beschließen. Dabei ist Lauterbach selbst betroffen, hält sich in Quarantäne.

Der SPD-Abgeordnete gehörte zu jenen 15 Teilnehmern einer Klausur, an der am 2. März auch ein inzwischen positiv auf Covid-19 getesteter Mitarbeiter des Justizministeriums mitwirkte. Deshalb haben sich auch weitere SPD-Politiker vorerst nach Hause abgemeldet, darunter Fraktionsvize Eva Högl. Größere Veranstaltungen außerhalb des Bundestages müssten selbstverständlich abgesagt werden, erklärt Lauterbach, und hat deshalb selbst auch eine für nächsten Mittwoch in Leverkusen geplante Zusammenkunft gestrichen.

Der Bundestag müsse sich zwar auch an die Regelungen halten, die der Staat Veranstaltern überall im Lande auferlege, doch müsse er versuchen, arbeitsfähig zu bleiben, unterstrich Lauterbach. Er rechnet damit, dass sich die Zahl der Infizierten jetzt erst einmal täglich um ein Drittel erhöhe. Die Gesetzgebung könne jedoch nicht einfach eingestellt werden. Weil die Verfassung vorschreibt, dass der Bundestag öffentlich zu tagen habe, sollen Einzelbesucher auch weiterhin Zugang zu den Beratungen bekommen.

Die Begrüßung per Handschlag haben die Mitglieder der Bundesregierung bereits vor einer Woche eingestellt. Manche sind zum Ellenbogencheck übergegangen, andere zur chinesischen Corona-Variante: Rechter Fuß tippt gegen rechten Fuß, linker gegen linken. Die Kanzlerin hält es mit der Distanz, achtet auf einen bis anderthalb Meter zwischen sich und Fotografen und wirbt für mehr Freundlichkeit auf Abstand: „Eine Sekunde länger in die Augen schauen und lächeln“, erklärte sie. Das sei sogar freundlicher als sofort mit der Hand schon beim Nächsten zu sein.

Der Bundestag hat seine Kuppel für Besucher geschlossen und auch sämtliche Gruppenreisen abgesagt. Weil in der Verfassung steht, dass er öffentlich berät, sind Einzelbesucher noch möglich.

Hinzu kommt, dass die gewöhnlich vielreisenden Politiker ihre Terminkalender überprüfen und Reisen stark einschränken. So wollte etwa EU-Entwicklungskommissarin Jutta Urpolainen an diesem Donnerstag in Berlin für ihre neue Afrika-Strategie werben - abgesagt. Die EU-Staats- und Regierungschefs schalteten sich am Dienstag erstmals per Videokonferenz zusammen.

Der mit Spannung erwartete außerordentliche CDU-Bundesparteitag am 25. April hängt nur noch an einem dünnen seidenen Faden. Die Freien Wähler haben jedenfalls den für denselben Tag geplanten Bundesparteitag abgesagt. Auch die AfD steht mit Blick auf dieses Datum vor der Frage, den mehrfach verschobenen Rentenparteitag erneut zu vertagen.

Der übliche Smalltalk kommt ebenfalls unter die Rede. Typische Anlässe für zwanglose Gespräche, wie etwa eine Weinprobe in der bayerischen Landesvertretung, werden derzeit in Serie gecancelt.

Bleibt die Frage, ob auch die Politiker mit Hamstern begonnen haben. CSU-Generalsekretär Markus Blume sieht dafür jedenfalls keinen Anlass: „Bayrische Grundnahrungsmittel - eine gute Brotzeit, Wasser und Bier - sind immer vorhanden in guten wie in schlechten Zeiten.“

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