Nur knappe Mehrheit für Fiskalpakt Fast-Blamage für die Grünen-Spitze

Berlin · Nur denkbar knapp hat sich die grüne Führung auf einem Sonderparteitag in Berlin mit ihren Vorstellungen zum Fiskalpakt durchgesetzt. Beinahe hätten ihnen die Delegierten eine Abstimmungsniederlage beschert.

 Grünen-Chef Cem Özdemir kämpft beim Sonderparteitag zum Fiskalpakt gegen erheblichen Widerstand. Hier begutachtet er eine Anti-Fiskalpaket-Karte, die er von Mitgliedern von Attac bekommen hat.

Grünen-Chef Cem Özdemir kämpft beim Sonderparteitag zum Fiskalpakt gegen erheblichen Widerstand. Hier begutachtet er eine Anti-Fiskalpaket-Karte, die er von Mitgliedern von Attac bekommen hat.

Foto: dpa, Wolfgang Kumm

40 der 78 Delegierten empfahlen den grün mitregierten Ländern und der Bundestagsfraktion am Sonntag in Berlin, dem Pakt für Haushaltskonsolidierung in Bundesrat und Bundestag zuzustimmen. Damit setzte sich der Grünen-Vorstand nach turbulenter Debatte durch.

Der Forderung von Grünen-Europapolitikern, ein Ja von Bewegung hin zu einem Altschuldentilgungsfonds zugunsten der Euro-Krisenländer abhängig zu machen, folgten 37 Abgeordnete; es gab eine Enthaltung.Die Nachwuchsorganisation Grüne Jugend hatte vergeblich eine komplette Ablehnung des Fiskalpakt verlangt.

Die Parteivorsitzenden Cem Özdemir und Claudia Roth warben vehement für eine Zustimmung. Özdemir warf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zugleich vor, gegen die Eurokrise nur ansparen zu wollen. "Wenn Frau Merkel Ärztin wäre, dann hätte man ihr die Approbation längst entzogen." Ihre Rezepte taugten nichts.

In den Verhandlungen im Kanzleramt hätten die Grünen aber Erfolge erzielt. So habe selbst die FDP der Einführung einer Steuer auf Börsengeschäfte zustimmen müssen. "Das ist unser Verhandlungserfolg."

Özdemir räumte ein: "Wir sind in einem Punkt auf eine ideologische Mauer gestoßen." So habe es keinerlei Zugeständnisse der Koalition gegeben bei der Forderung nach Einführung eines Fonds, um die Schulden- und Zinslast auf die Euro-Krisenländer zu senken. "Das ist uns diesmal nicht gelungen."

Aus diesem Grund forderten mehrere Delegierte, Nein zum Fiskalpakt zu sagen. "Das ist kein Schönheitsfehler", sagte der Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer mit Blick auf das Ausbleiben von Hilfen für unter der Zinslast leidende Länder wie Italien.

Mit seiner Forderung, der Länderrat solle eine ablehnende Entscheidung fällen, im Bundesrat und Bundestag könnten die Grünen dem Fiskalpakt dennoch zustimmen, stieß der frühere Parteichef aber auf heftigen Widerstand.

Fraktionschef Jürgen Trittin warb gegen Bütikofers Votum für ein Ja. Denn sonst könne nur die SPD die Verhandlungserfolge gegenüber Merkel für sich verbuchen. "An dieser Stelle muss die Verantwortung klar benannt werden."

(dpa)
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