Rechtsgutachten des Kinderhilfswerks Familiennachzug - Juristen sehen Kinderrechte verletzt

Berlin · Mit Blick auf die Rechte von Kindern verstößt die geplante Neuregelung zum Familiennachzug gegen mehrere Grund- und Menschenrechte. Dies geht aus einem Rechtsgutachten im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerks hervor.

 Flüchtlinge in Friedland (Symbolfoto).

Flüchtlinge in Friedland (Symbolfoto).

Foto: dpa, bom fdt Ken jai

Union und SPD hatten Anfang Februar beschlossen, dass subsidiär geschützte Flüchtlinge, also jene mit einem zeitlich begrenzten Aufenthaltsstatus, bis Ende Juli weiterhin keine Familienangehörigen nach Deutschland holen dürfen. Ab dem 1. August soll dann aus humanitären Gründen monatlich insgesamt 1000 Ehepartnern, Kindern oder Eltern eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden können. Paragraf 22 des Aufenthaltsgesetzes, wonach Ausländern aus dringenden Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann, soll weiterbestehen.

Aus Sicht Lütkes' reicht das nicht: "Die Praxis der vergangenen zwei Jahre hat gezeigt, dass die Härtefallklausel nur äußerst selten in besonderen Ausnahmefällen zum Zuge kommt und damit den Kindern nicht hilft, ihre Familie nach Deutschland zu holen."

Am Freitag wird der Bundesrat über das von Union und SPD beschlossene Gesetz abstimmen. Unter den von Grünen mitregierten Ländern gibt es den Versuch, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Bislang zeichnet sich dafür aber nicht die notwendige Mehrheit ab.

Mehrere Anträge liegen beim Bundesverfassungsgericht

Auch in anderen Ländern ist es üblich, dass subsidiär geschützten Flüchtlingen ein Familiennachzug nicht gewährt wird. Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerks ist das ein ständiger Verstoß gegen Kinderrechte. Lütkes verweist auf die Rechtsprechung. "Das Recht von Kindern, in Familien aufzuwachsen, ist international anerkannt", sagt sie. Dazu gebe es zahlreiche Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die Staaten an ihre Pflicht erinnerten, dieses Recht der Kinder voranzustellen.

Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit zeitlich begrenztem Aufenthaltsstatus war Anfang 2016 in der Hochzeit der Flüchtlingskrise zunächst für die Dauer von zwei Jahren ausgesetzt worden. Auch mit der Einigung von Union und SPD auf die Neuregelung mit begrenztem Familiennachzug wird das Thema politischer Zankapfel bleiben.

Noch ist offen, nach welchen Kriterien die Nachzügler von den Botschaften ausgewählt werden, wer zuerst kommen darf, wer warten muss. Zu dem Thema liegen auch Anträge beim Bundesverfassungsgericht. Ob und wann die Richter sich grundsätzlich zum Familiennachzug äußern, ist offen.

(qua)
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