NRW-Flüchtlingsminister Stamp zu Fall Sami A. „Waren nicht verpflichtet, das Bamf einzubinden“

Düsseldorf · Die Opposition in NRW erhebt in einer Sondersitzung massive Vorwürfe gegen die schwarz-gelbe Landesregierung. NRW-Flüchtlingsminister Stamp verteidigt das Vorgehen bei der Abschiebung von Sami A.

Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP, l.) und Justizminister Peter Biesenbach (CDU, r.) sagten in der Sondersitzung des Rechtsausschusses im NRW-Landtag zum Fall Sami A. aus.

Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP, l.) und Justizminister Peter Biesenbach (CDU, r.) sagten in der Sondersitzung des Rechtsausschusses im NRW-Landtag zum Fall Sami A. aus.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Im Fall des abgeschobenen Tunesiers Sami A. hat die Opposition der NRW-Landesregierung massive Versäumnisse mit schwerwiegenden Folgen für den Rechtsstaat vorgeworfen. „Sie haben dazu beigetragen, dieses Land in eine tiefe Vertrauenskrise zu führen, die schnell auch in einer Verfassungskrise enden kann“, sagte der SPD-Abgeordnete Sven Wolf bei einer gemeinsamen Sondersitzung des Rechts- und des Integrationsausschusses.

Es sei bei der Abschiebung des Gefährders der Eindruck entstanden, als wolle die Regierung die Grenzen der Gewaltenteilung verschieben. CDU-Sprecher Gregor Golland konterte, die SPD nutze den Fall, um zu skandalisieren. Der Grünen-Rechtsexperte Stefan Engstfeld betonte, es müsse selbstverständlich das Ziel staatlichen Handelns sein, Gefährder außer Landes zu bringen. Dabei müssten aber Recht und Gesetz gewahrt werden: „Die große Frage ist, warum wusste das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen nichts von der bevorstehenden Abschiebung?“

Hier müsse insbesondere die Kommunikation zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und dem Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration (MKFFI) näher beleuchtet werden: „Hat das MKFFI dem Bamf nicht gesagt, dass ein Charterflug zur Abschiebung bestellt war? Oder hat das MKFFI es dem Bamf gesagt und das Bamf hat das gegenüber dem Gericht weggelassen?“

NRW-Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) wies die Vorwürfe zurück. Sein Ministerium habe sich an Recht und Gesetz gehalten. Zu Beginn der Abschiebung habe dem aus rechtlicher Sicht nichts entgegen gestanden. Die Kommunikation des Ministeriums mit den anderen Behörden beschrieb Stamp so: „Wir haben die Bundespolizei eingebunden, zur Einbindung des Bamf waren wir nicht verpflichtet, und das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen war in der Sache gar nicht unser Gesprächspartner.“

Das Bamf habe gefragt, ob der vorherige Flug am 12. Juli gecancelt worden sei - und das habe sein Ministerium wahrheitsgemäß beantwortet. „Wir hatten nicht das Ziel, ein Gericht zu überlisten“, sagte Stamp, „sondern einen Gefährder außer Landes zu bringen.“

Es sei „unglücklich gelaufen“, dass zu Beginn der Abschiebung nicht alle Informationen vorgelegen hätten. Er habe aber alles daran gesetzt, dass die Übergabe von Sami A. an die tunesischen Behörden auf Basis dieser Rechtslage stattfinden konnte. „Dafür übernehme ich die volle Verantwortung“, sagte Stamp. Der AfD-Abgeordnete Thomas Röckemann bezeichnete es als bemerkenswert, dass Stamp zu seiner Verantwortung stehe. „Da werden wir Sie beim Wort nehmen.“

Sami A., der Leibwächter von Osama bin Laden gewesen sein soll, war am vergangenen Freitag nach Tunesien abgeschoben worden. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte allerdings kurz zuvor in einem Eilbeschluss geurteilt, dass er wegen möglicher Foltergefahr in Deutschland bleiben müsse. Dieser Beschluss wurde jedoch erst am Freitagmorgen übermittelt, als das Flugzeug mit A. bereits unterwegs war. Die Oppositionsfraktionen von SPD und Grünen hatten eine Sondersitzung des Rechtsausschusses beantragt, um den Fall aufzuklären. CDU und FDP drängten daraufhin auf eine Sitzung des Integrationsausschusses.

Kritik gab es auch an NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU). Die Opposition forderte, er müsse sich hinter seine Richter stellen. Biesenbach hatte zuvor eine Stellungnahme zum Fall verweigert, weil es sich um ein schwebendes Verfahren handele. Er appellierte an alle Beteiligten, die abschließende Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster abzuwarten, ob die Abschiebung rechtens war.

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