Fake News Digital-Ausschuss berät über automatisierte Richtigstellungen

Berlin · Der Digital-Ausschuss wappnet sich gegen die Bedrohung von Desinformation, besonders im Hinblick auf bevorstehende Wahlen. Ein Vorschlag: Lesern von Fake News automatisch Hinweise auf Richtigstellungen geben.

 Die Parlamentarier debattieren im Plenum im Bundestag.

Die Parlamentarier debattieren im Plenum im Bundestag.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Als die Digitalpolitiker des Bundestages kurzfristig Experten zur Anhörung luden, um sich gegen Angriffe auf die Europawahlen Ende Mai zu wappnen, ahnten sie noch nicht, dass die Medien ein russisches Strategiepapier zur Beeinflussung des Bundestages über einen vermeintlich „gesteuerten“ AfD-Abgeordneten aufdecken würden. Doch um so brisanter ist das Hearing an diesem Mittwoch geworden. „Es steht außer Frage, dass es Desinformationskampagnen und Manipulationsversuche gibt, auch im Zusammenhang mit Wahlen wie beispielsweise in den USA“, sagt Unionsdigital-Experte Tankred Schipanski im Vorgriff auf die Anhörung.

Dort erwarten die Politiker Antworten auf die Frage, wie der Staat mit dieser wachsenden Gefahr umgehen soll. Alexander Sängerlaub, einer der eingeladenen Fachleute von der Denkfabrik „Stiftung Neue Verantwortung“, hält etwa eine Art Gegendarstellungsrecht bei Fake News in den sozialen Netzwerken für sinnvoll und technisch möglich. „Dann würde derjenige, der das Falsche gelesen hat, auch auf die Richtigstellung hingewiesen“, erläutert der Digital-Experte. Der Ausschuss will sich ausweislich seiner Fragenliste intensiv mit dieser Methode zur Abwehr von Angriffen auf künftige Wahlen beschäftigen.

Zum Stichwort Gegensteuern gehört für Sängerlaub auch, die Nutzer kompetenter im Umgang mit den neuen Medien zu machen. Da bleibe vor allem bei den Schulen noch viel zu tun. „Wer sich die Lehrpläne anschaut, der sieht wenig Vermittlung von Medienkompetenz“, erklärt Sängerlaub. Er hält für die Abgeordneten aber auch eine „gute Nachricht“ bereit. Die bestehe darin, dass es nach der Auswertung der Bundestagswahlen gar nicht so viele Beeinflussungsversuche gegeben habe, wie zuvor befürchtet worden waren. Das werde auch bei der Europawahl nicht anders sein.

Für den Digitalpolitiker der Grünen, Dieter Janecek, gibt es deswegen aber „keine Entwarnung“. Die Einwirkungen auf die Demokratie seien subtiler und indirekt. Wahlentscheidungen würden laut verschiedenen Untersuchungen nicht durch besonders viel Kontakt zu Falschinformationen oder engen Filterblasen beeinflusst. Vielmehr gelinge es gesteuerten Kampagnen immer wieder, die Aufmerksamkeit der Wähler und Leitmedien zu lenken. Es würden Themen hochgespielt und dabei Behauptungen alternativ zu etablierten Einschätzungen und Fakten in den öffentlichen Raum gestellt. Dort stünden sie dann völlig widersprüchlich gegeneinander und es gelinge im Kampf um die Aufmerksamkeit des Wählers kaum noch, „gegen die Flut aus Darstellungen und Behauptungen aufklärend und reflektierend anzukommen“, so Janecek.

Er und Schipanski unterstützen den EU-Aktionsplan gegen Desinformation. Ausdrücklich würdigt der CDU-Politiker, dass die Plattformen aktiv geworden seien und sich durch Faktenchecks und Löschung falscher Accounts engagierten. Ob das freilich reiche, sei auch mit Blick auf die Europawahlen schwer zu sagen. Das müsse weiter erforscht werden. Von der Anhörung werden weitere Impulse erwartet.

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