Fahrverbote für Temposünder NRW will im Bußgeld-Streit vermitteln
Berlin · Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) legt mit anderen Ländern an diesem Mittwoch einen Kompromiss vor, der etwa vor Schulen und Kitas Fahrverbote vorsieht. Die Grünen halten dagegen. Sie wollen wieder striktere Strafen für Temposünder, die derzeit wegen eines Formfehlers ausgesetzt sind.
Seit Wochen ringen die Länder mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) um eine Lösung im Streit über Verschärfungen des Bußgeldkatalogs für Verkehrssünder. An diesem Mittwoch geht der Konflikt in die nächste Runde. Dann wollen sich Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und vier weitere Länder im Verkehrsausschuss des Bundesrates für teils höhere Bußgelder, zugleich aber für weniger strikte Fahrverbote einsetzen. Jene Länder mit grünen Verkehrsministern wollen jedoch weiterhin für eine Rückkehr zu höheren Strafen für Raser kämpfen.
Eigentlich hatte der Bundesrat einer entsprechenden Novelle des Bundesverkehrsministeriums mit schärferen Sanktionen bereits zugestimmt. Scheuer hatte jedoch von Autofahrerverbänden Widerstand bekommen und wegen eines Formfehlers im Gesetz die Neuregelungen teilweise ausgesetzt. Seitdem gelten die milderen Regeln des alten Bußgeldkatalogs vorerst weiter. Die Grünen pochen auf eine Korrektur des Formfehlers, wollen die scharfen Sanktionen in der nächsten Novelle aber beibehalten – Scheuer nicht.
Der Kompromiss von NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) und Amtskolleginnen wie Anke Rehlinger (SPD) aus dem Saarland sieht im Kern vor, dass Temposünder ein Fahrverbot erhalten, wenn sie innerorts vor Schulen und Kitas mehr als 21 Stundenkilometer zu schnell fahren oder außerorts in Autobahnbaustellen 26 Stundenkilometer schneller als erlaubt sind. Zudem ist ein Warnschuss vorgesehen: So droht bei diesen und noch höheren Geschwindigkeitsüberschreitungen auch in allen anderen Verkehrsbereichen zunächst ein um höheres Bußgeld als bislang. Ein Fahrverbot kommt dann hinzu, wenn der Temposünder binnen eines Jahres erneut erwischt wird. Aus Verhandlungskreisen hieß es, Scheuer stehe hinter dem Kompromiss. Er sei zudem bereit, in einer Protokollnotiz den Ländern weitere Anpassungen der Straßenverkehrsordnung noch in dieser Legislaturperiode zuzusichern. Auch das wird dem Ausschuss vorgelegt.
Wüst forderte die Grünen auf, einzulenken. „Wenn die Grünen weiter auf einer rechtlich nicht haltbaren Maximalforderung bestehen, blockieren sie eine rechtssichere Lösung und erweisen der Verkehrssicherheit einen Bärendienst“, so Wüst. Auch Rehlinger machte Druck: „Wir sollten die Rechtsunsicherheit bei der Straßenverkehrsordnung schnellstmöglich heilen“, sagte sie. Dafür liege eine vernünftige Lösung vor, die fachlich und in der Sache alle richtig fänden. „Es schafft keine Verkehrssicherheit, das jetzt zu verzögern, nur weil man Angst vor dem Echo der eigenen Anhänger hat“, sagte sie mit Blick auf die Grünen. Hessens grüner Verkehrsminister und stellvertretender Ministerpräsident Tarek Al-Wazir hielt dagegen und verwies auf überhöhte Geschwindigkeit als eine der Hauptursachen für schwere und tödliche Unfälle. „Es geht uns darum, den Formfehler zu heilen und damit den Rechtszustand wiederherzustellen, dem vor wenigen Monaten alle Länder im Bundesrat zugestimmt haben und der mit Unterschrift von Andreas Scheuer im Bundesgesetzblatt verkündet wurde“, sagte Al-Wazir.
Derzeit zeichnet sich eine Mehrheit für den Kompromissantrag im Verkehrsausschuss am Mittwoch ab. Aber selbst wenn es so käme ist es offen, wie die Ministerpräsidenten bei der Bundesratssitzung am 18. September angesichts der dann geltenden Koalitionsdisziplin der Länder in der Sache entscheiden werden.