Kontrollen an deutschen Außengrenzen Und sie bewegen sich doch!

Meinung | Berlin · Mehr Grenzkontrollen und Zurückweisungen – im Ringen um eine striktere Migrationspolitik hat die Bundesregierung der Union jetzt einen Vorschlag unterbreitet, der es in sich hat. Und das ist gut so.

Ausländer, Flüchtling, Migrant​: Die wichtigsten Begriffe - Glossar Migration und Integration
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Glossar zu Migration und Integration - Die wichtigsten Begriffsdefinitionen

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Foto: dpa/Martin Gerten

Am Montagnachmittag ploppte ein Papier aus dem Innenministerium in den Redaktionen auf, das es in sich hatte: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat vorübergehende Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen angeordnet, um die Zahl unerlaubter Einreisen stärker einzudämmen. Die zusätzlichen Kontrollen sollen am 16. September beginnen und zunächst sechs Monate andauern. Als Gründe für die nun angeordneten Kontrollen nannte das Ministerium neben der Begrenzung der irregulären Migration auch der Schutz der inneren Sicherheit vor aktuellen Bedrohungen durch den islamistischen Terrorismus und vor grenzüberschreitender Kriminalität. Diese Kontrollen zu weiteren fünf Staaten sollten eine „massive Ausweitung der Zurückweisungen“ Geflüchteter ermöglichen, sagte Faeser am Montagnachmittag. Die neu angeordneten Kontrollen direkt an der Grenze betreffen die Landgrenzen zu Frankreich, Dänemark, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg.

Man höre und staune. Über diese Frage haben Politiker und Juristen in Deutschland seit der Flüchtlingskrise 2015 gegrübelt, die Unionsfraktion von CDU und CSU wäre 2018 an dieser Frage fast zerbrochen, weil sich die damalige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der frühere Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf das Schärfste bekämpften.

Oppositionschef Friedrich Merz (CDU) kann sich auf die Fahnen schreiben, nach dem islamistischen Anschlag von Solingen, die Regierung zur Eile getrieben zu haben. Offenbar stieß der CDU-Vorsitzende aber auf einen Kanzler und eine Innenministerin von der SPD, die diesen Vorschlägen gegenüber politisch bereits aufgeschlossen waren - aber aus Rücksicht auf den grünen Koalitionspartner bislang zurückgeschreckten.

Das Vorgehen der Regierung, voraussichtlich in Abstimmung mit der Opposition, ist richtig, auch wenn sie Verwerfungen in Europa mit sich bringen kann. Aber dass der größte Netto-Zahler der EU bislang sehr duldsam den anderen Ländern die Migrationsproblematik in Teilen abgenommen hat - das muss ein Ende haben. Nur zu gern wies man im Rest Europas den Weg an Deutschlands Grenzen - wohl wissend, dass die meisten Flüchtlinge aufgrund bereits vorhandener größerer Gemeinden und im Vergleich hohen Sozialleistungen sich ohnehin nach Deutschland aufmachen wollten.

Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin des Innern und Heimat, spricht bei einem Pressestatement zu aktuellen Maßnahmen in der Migrationspolitik.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Wie der neue Vorschlag der Bundesregierung zu den Zurückweisungen genau aussieht, ließ Faeser zunächst offen. Man habe ein Modell für europarechtskonforme und effektive Zurückweisungen entwickelt, hieß es vom Ministerium. Nun, Österreich hat schon mal angemeldet, dass man keine Personen zurücknehmen werde. Nur zur Erinnerung: In der Flüchtlingskrise hatte Österreich Busse bereitgestellt, die direkt an die deutsche Grenze fuhren. Dass Deutschland nun mal Ernst macht, wird sicher zu vielen EU-Besprechungen führen. Aber es ist richtig. Wenn sich eine Gesellschaft überfordert fühlt, muss Politik handeln. Das hat sie nun getan.