Neue Corona-Mutation Experten sehen „Kraken“-Variante auf dem Vormarsch in Deutschland

Berlin · Der „Kraken“ kommt. So lautet der Spitzname der neuen Corona-Variante XBB.1.5, die als besonders ansteckend gilt und vor allem in Nordamerika verbreitet ist. Doch auch in Deutschland wurde sie bereits nachgewiesen – Fachleute mahnen zur Vorsicht.

Ein Mitarbeiter hält in einem Coronatest-Labor PCR-Teströhrchen in den Händen. (Archiv)

Ein Mitarbeiter hält in einem Coronatest-Labor PCR-Teströhrchen in den Händen. (Archiv)

Foto: dpa/Uwe Anspach

Führende Gesundheitsexperten gehen davon aus, dass die neue Omikron-Variante XBB.1.5 des Corona-Virus in Deutschland dominierend werden wird. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), sagte unserer Redaktion: „Bis jetzt war es immer so, dass neue, sehr ansteckende Varianten sich weltweit ausgebreitet haben. Von daher ist davon auszugehen, dass über kurz oder lang XBB1.5 auch bei uns die dominante Variante wird.“ Und eine solche infektiöse Variante habe natürlich Auswirkungen auf Krankenstände und belaste somit auch die Krankenhäuser.

Wie das Robert Koch-Institut am 5. Januar mitteilte, ist XBB.1.5 seit dem ersten Auftreten im November 2022 insgesamt 36 Mal in Stichproben nachgewiesen worden. Inwieweit sich XBB.1.5 Anfang Januar 2023 weiter ausbreiten konnte, wollte das RKI auf Nachfrage noch nicht sagen und verweist auf den neuen Wochenbericht, der an diesem Donnerstag erscheinen soll.

Zuvor hatten sich die Weltgesundheitsorganisation und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) besorgt über die neue Variante geäußert. XBB.1.5 sei so leicht übertragbar wie keine der bisher bekannten Subvarianten, sagte WHO-Corona-Spezialistin Maria van Kerkhove Anfang Januar in Genf. XBB.1.5 stammt von XBB ab, einer Mischung aus zwei Versionen der Omikron-Linie BA.2. Die US-Gesundheitsbehörde CDC hatte den Anteil von XBB.1.5 zum Jahreswechsel zunächst auf 40,5 Prozent in den USA geschätzt. Mittlerweile hat sie die Zahl auf 27,6 Prozent korrigiert, geht aber weiterhin von einem starken Wachstum aus, da das Virus durch eine Mutation am sogenannten Spikeprotein leicht übertragbar sei. Lauterbach hatte bei Twitter geschrieben: „Hoffentlich kommen wir durch den Winter, bevor eine solche Variante sich bei uns ausbreiten kann.“ Vor allem die gestiegenen Krankenhauseinweisungen im Nordosten der USA würden ihm Sorgen bereiten. Ob die hohe Hospitalisierung allein auf XBB.1.5 zurückzuführen ist, wird unter amerikanischen Experten allerdings noch diskutiert.

Für Deutschland sieht DKG-Vorstand Gaß zunächst keine Gefahr einer Krankenhausüberlastung. „Insgesamt rechnen wir auf Basis der aktuellen Informationen nicht mit einer völlig neuen Qualität an Belastung durch die Corona-Infektionen“, sagte er. Wichtig sei dennoch, die Ausbreitung neuer Varianten sehr genau zu betrachten. Deshalb fordert die DKG, sowohl Abwasseruntersuchungen als auch Sequenzierungen voranzutreiben, um das Infektionsgeschehen zu überwachen.

Zentrale Rolle in diesem Überwachungssystem spielen Labore, in denen PCR-Tests auf das Coronavirus geprüft und auf Varianten hin sequenziert werden. Dieses System sei mittlerweile gut etabliert, sagte Michael Müller, Vorsitzender der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM). „Auch wenn derzeit nicht mehr so viele PCR-Tests gemacht werden wie in früheren Zeiten der Pandemie, können wir weiterhin ein repräsentatives Bild über die Verbreitung einzelner Corona-Varianten zeichnen. Die neue XBB.1.5-Mutante ist in Deutschland angekommen und wird sich hier stark ausbreiten, wenn sie gegenüber früheren Omikron-Varianten Vorteile hat. Dann müssen wir auch davon ausgehen, dass sie dominant werden kann“, sagte Müller.

Er fordert von der Bundesregierung als Lehre aus der Corona-Pandemie, dass es künftig ein vom Bund finanziertes Überwachungssystem für alle möglichen gefährlichen Erreger geben müsse, „damit die Behörden innerhalb kurzer Zeit auf eine drohende Ansteckungswelle reagieren können.“ Man müsse Sequenzierungen aus Abwassertests und anderen Tests häufiger als früher durchführen. Dafür stünde das bestehende Netzwerk an Laboren bereit.

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