Mutmaßlicher BND-Doppelagent enttarnt Experten befürchten größeres Spionage-Netzwerk

Berlin · Die Bundesanwaltschaft wertet es als Landesverrat: Ein Mitarbeiter des deutschen Auslandsnachrichtendienstes BND soll Russland geheime Informationen gegeben haben. Die Nachricht schreckt das vorweihnachtliche Berlin auf, Geheimdienstexperten fordern vorsichtige Aufklärung.

 An einem Eingang der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes steht der Schriftzug des Geheimdienstes. (Archiv)

An einem Eingang der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes steht der Schriftzug des Geheimdienstes. (Archiv)

Foto: dpa/Christophe Gateau

Deutsche Politiker sind nach der Festnahme eines Mitarbeiters des Bundesnachrichtendienstes (BND) im Zusammenhang mit Russland in großer Sorge. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Mann Landesverrat vor: Er wird verdächtigt, geheime Informationen an Moskau weitergegeben zu haben.

Dass es in Deutschland russische Spionage gebe, sei „bekannt und auch wenig verwunderlich“, sagte der Linken-Bundestagsabgeordnete André Hahn unserer Redaktion. Aber: „Wenn nun selbst in den Reihen des Bundesnachrichtendienstes ein Mitarbeiter für Russland spioniert haben soll, dann wäre das eine völlig neue und erschreckende Qualität.“ Das Parlamentarische Kontrollgremium werde sich spätestens im neuen Jahr mit dem Vorgang befassen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nannte den Fall auf Anfrage von RTL/ntv „besonders bedenklich“, gerade weil es um den BND gehe. Justizminister Marco Buschmann schrieb auf Twitter: „Wenn sich der Verdacht bestätigt, ist hier ein wichtiger Schlag gegen russische Spionage gelungen. Das zeigt, wie wachsam wir sein müssen.“

Die Bundesanwaltschaft hatte den beschuldigten BND-Mitarbeiter am Mittwoch in Berlin festnehmen lassen. Der Deutsche soll Informationen, die er im Zuge seiner Arbeit erlangt hat, an einen russischen Nachrichtendienst übermittelt haben. Bei dem Inhalt handele es sich um ein Staatsgeheimnis im Sinne des Strafgesetzbuchs, teilte die Karlsruher Behörde mit. Der Mann kam in Untersuchungshaft.

Mit Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen will sich der BND zu Einzelheiten des Falles bis auf weiteres nicht öffentlich äußern. „Zurückhaltung und Diskretion sind in diesem besonderen Fall sehr wichtig“, hatte Präsident Bruno Kahl am Donnerstag in Berlin betont.

Mit Russland habe man es auf der Gegenseite mit einem Akteur zu tun, „mit dessen Skrupellosigkeit und Gewaltbereitschaft wir zu rechnen haben“, ergänzte er.

Aus Parlamentskreisen hieß es am Freitag gegenüber unserer Redaktion, dass nicht von einem Einzeltäter auszugehen sei. Vielmehr müsse befürchtet werden, dass Russland sich über viele Jahre hinweg ein breites Unterstützernetzwerk in Deutschland aufgebaut habe und dies bis zu Spionagetätigkeiten in Sicherheitsbehörden reiche. Es gelte nun, dieses Netzwerk zu ermitteln und die Tätigkeiten zu stoppen, jedoch müsse dies mit höchster Vorsicht geschehen, da für die Mitglieder des Netzwerks nun eine große Bedrohung durch Russland ausgehe. Immer wieder hatte es Verdachtsfälle wegen möglicher russischer Spionage gegeben, zuletzt im August gegen zwei Beamte im Bundeswirtschaftsministerium.

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