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Verteidigungsminister in der Defensive Ex-Generalinspekteur Kujat attackiert Guttenberg

Berlin (RPO). Nach der Abberufung des Kommandanten der "Gorch Fock" steht Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) weiter in der Kritik. Sprecher der Opposition forderten von Guttenberg am Montag weitere Aufklärung. Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, wirft dem CSU-Politiker vor gegen Grundsätze der Bundeswehr zu verstoßen.

Presse: Guttenberg geht hohes Risiko
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Foto: dapd

Kujat monierte, Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) verstoße gegen Grundsätze der Inneren Führung. "Es gilt der Grundsatz, dass man den Beschuldigten anhört, bevor man eine Entscheidung trifft", sagte Kujat der "Mitteldeutschen Zeitung" vom Dienstag mit Blick auf die Abberufung des Kapitäns des Segelschulschiffs "Gorch Fock", Norbert Schatz. Dies sei offenbar nicht geschehen.

Dabei sprach Kujat eine deutliche Warnung aus. Das "Gorch Fock"-Krisenmanagement gefährdet nach seiner Einschätzung Guttenbergs Rückhalt bei den Militärs. Die eilige Beurlaubung des Schiffskommandanten Norbert Scherz durch den Minister werde "sicher von vielen in der Bundeswehr als grober Verstoß gegen die Prinzipien der Inneren Führung verstanden" und sich "auch auf die Einstellung in den Streitkräften zum Minister auswirken", sagte Kujat dem Bonner "General-Anzeiger".

"Ein dramatischer Eingriff"

Auch in den ARD-Tagesthemen meldete sich der frühere ranghohe Militär zu Wort. Die Suspendierung von Schatz sei ein "dramatischer Eingriff in das innere Gefüge der Bundeswehr" und seine Ergebnisse "im Grunde nicht revidierbar." "Schnelle Entscheidungen sind gute Entscheidungen, aber es müssen auch die richtigen sein", fügte Kujat hinzu. Ob es die richtige Entscheidung war, werde sich jedoch erst noch herausstellen.

Zu einem möglichen Aus für das Segelschulschiff bekräftigte Kujat, die deutsche Marine brauche die "Gorch Fock" unbedingt. "Wenn wir auf die 'Gorch Fock' verzichten müssten, wäre dies ein enormer Einbruch, ein Prestigeverlust nicht nur für die Bundeswehr, sondern auch für unser Land."

Welche Rolle spielt der Boulevard?

Auch in den Oppositionsparteien ebbte die Kritik am Verteidigungsminister keineswegs ab. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte der ARD, Guttenberg habe erst von der Opposition im Bundestag Zurückhaltung gefordert, dann aber selbst den Kapitän des Segelschulschiffs "Gorch Fock" ohne Aufklärung entlassen, nachdem eine "große Boulevardzeitung" dies gefordert habe. "Wir als Parlament empfinden das als Frechheit", sagte dazu Steinmeier. SPD-Chef Sigmar Gabriel schloss in Berlin auch einen Untersuchungsausschuss zu den Vorfällen nicht aus.

"Morgens verbittet sich Minister zu Guttenberg jede Vorverurteilung auf der Grundlage von Medienberichten, abends entlässt er den Kommandanten der Gorch Fock aufgrund eines Medienberichtes", kritisierte auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin. Er schlug vor, den Auftrag für den bestehenden Untersuchungsausschuss zum Vorgehen der Bundeswehr im afghanischen Kundus um die neuen Vorfälle zu erweitern.

Guttenberg verteidigt Entscheidung als angemessen

Guttenberg verteidigte seine Entscheidung, den "Gorch Fock"-Kommandanten von seinen Pflichten zu entbinden als angemessen. Kapitän Norbert Schatz sei aber weder "'gefeuert', noch 'geschasst' oder 'rausgeworfen'" worden, betonte der Minister. Ihn vorläufig von seinen Aufgaben zu entbinden, sei die beste Maßnahme - "auch in seinem Sinne". Ein Sprecher Guttenbergs sagte allerdings später, eine "Abkommandierung" sei nie befristet, sondern gelte, bis eine neue Anweisung erfolge.

Guttenberg hatte am Sonntag in der "Bild am Sonntag" die Abberufung des Kapitäns mitgeteilt und damit auf Berichte über Missstände auf der "Gorch Fock" reagiert. Eine 25-jährige Marine-Soldatin war im November vergangenen Jahres aus der Takelage des Schiffes zu Tode gestürzt. Bundeswehrsoldaten warfen Ausbildern auf der "Gorch Fock" daraufhin massiven Druck bis hin zur Nötigung vor. Auch habe es sexuelle Übergriffe gegeben.

Özdemir will Schatz anhören

Grünen-Parteichef Cem Özdemir sagte in Berlin, Schatz solle so schnell wie möglich die Gelegenheit erhalten, seine Sicht der Dinge vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestages darzulegen. Die Grünen haben zudem für diese Woche eine Aktuelle Stunde im Bundestag zu den jüngsten Vorfällen bei der Bundeswehr beantragt. Dabei geht es auch um geöffnete Feldpost-Briefe von in Afghanistan stationierten Bundeswehr-Soldaten und um zunächst unvollständige Informationen über den Tod eines Soldaten, den ein Kamerad offenbar versehentlich beim Spielen mit seiner Waffe erschossen hat.

"Verteidigungsminister zu Guttenberg verwechselt nach wie vor Aufklärung mit Aktionismus und Information mit Schlagzeilenhascherei", erklärte der Verteidigungsexperte der Linken, Paul Schäfer. Offensichtlich versuche Guttenberg, durch öffentliche Aufmerksamkeit von seinem Führungsversagen abzulenken, "indem er überraschende Positionswechsel vollzieht und Untergebene in die Feuerlinie schiebt".

(AFP/awei)
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