Kritik des Bundesrechnungshofes Lebenslanger Luxus auf Staatskosten

Berlin · Ehemalige Bundespräsidenten und Kanzler bekommen Büros, Personal und Limousinen gestellt - auch für Privates. Sie dürfen sogar Restaurantbesuche abrechnen. Der Bundesrechnungshof fordert, dass sich das ändert.

 Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) und der frühere Bundespräsident Christian Wulff (Archiv).

Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) und der frühere Bundespräsident Christian Wulff (Archiv).

Foto: dpa/Peter Steffen

Ehemalige führende Repräsentanten Deutschlands verfügen nicht nur über üppige Pensionen, sie lassen es sich auf Kosten der Steuerzahler auch privat gut gehen, nutzen dafür gepanzerte Limousinen, die Begleitung von Personenschützern und persönlichen Mitarbeitern und rechnen auch deren Unterbringung in Luxushotels ab. Ihre ebenfalls vom Staat bezahlten Büros erledigen für sie auch private Angelegenheiten. Das geht aus unserer Redaktion vorliegenden Untersuchungen des Bundesrechnungshofes hervor.

Die Rechnungshofberichte umfassen einen Zeitraum mit jeweils drei ehemaligen Spitzenpolitikern: Joachim Gauck, Christian Wulff und Horst Köhler bei den Präsidenten, Gerhard Schröder, Helmut Kohl und Helmut Schmidt bei den Kanzlern. Namen enthält der Bericht nicht. Aber es geht hervor: Die sechs ehemaligen Spitzenpolitiker beanspruchten zusammen bereits mehr als 20 Prozent aller Personenschützer des Bundeskriminalamtes. Die Kanzler hatten einen ständigen Bedarf von 14 Dienstfahrzeugen, die drei Präsidenten benötigten weitere 18 Autos. Beide Personengruppen bekommen zudem deutlich besser bezahlte Cheffahrer zugewiesen.

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Allerdings nehmen sie die Limousinen mit zunehmendem Alter weniger in Anspruch. Das führte dazu, dass die Cheffahrer vermehrt in Anspruch genommen wurden, um die Post zwischen Wohnort und Berliner Büro zu transportieren. Keinerlei Probleme hatten frühere Präsidenten und Exkanzler auch damit, ihre Büros für das Recherchieren und Schreiben von Büchern und Vorträgen einzuspannen, für die sie dann privat Honorare bis in den sechsstelligen Bereich hinein kassierten. Der Staat zahlt auf der anderen Seite allein für die Büros der drei Präsidenten 1,7 Millionen Euro im Jahr. Diese repräsentativ eingerichteten Räumlichkeiten arbeiten weitgehend autark vor sich hin. „Ein Bundespräsident war bereits unmittelbar nach Amtsende nur durchschnittlich 2,7 Tage pro Monat im Büro“, hält der Rechnungshof fest.

Offiziell begründet die Regierung die Ausstattung der Ausgeschiedenen mit Geld, Büro, Mitarbeitern, Fahrern und Personenschützern mit der „Erledigung der mit dem früheren Amt zusammenhängenden Aufgaben“. Was unter diesen „Aufgaben“ aber auch verstanden wird, ist der Beschreibung der BKA-Begleitfahrzeuge zu entnehmen, wonach diese dem jeweiligen Bedarf der Präsidenten a. D. angepasst werden – etwa mit dem „Freizeitmodul zur Mitnahme von sperrigem Sportgerät“.

Unter den „Reiseanlässen“ erfasste der Rechnungshof auch „Geburtstag von Bekannten oder Ehefrauen, Aufenthalt im Freizeitpark“, und dann geht es dann wegen der begleitenden Mitarbeiter schnell in den Bereich mehrerer tausend Euro. So „übernahm das Bundespräsidialamt die Übernachtungskosten für den Chefkraftfahrer eines Bundespräsidenten a. D. bei privaten Reisen in Freizeitparks“, hält der Bericht fest. Bei den Ex-Kanzlern entstanden Kosten „für die Begleitung durch den Chefkraftfahrer samt Dienstkraftfahrzeug auf eine Urlaubsinsel im Ausland (Fähre, Hotelkosten, Auslandstagegeld)“. Selbst Ausgaben für Minibar und Restaurant ließen Ex-Kanzler sich vom Staat erstatten.

Linken-Haushälterin Gesine Lötzsch hält es in Zeiten, in denen immer mehr Menschen unter Existenzpanik litten, für „nicht vermittelbar, warum ehemalige Bundespräsidenten auf Kosten der Allgemeinheit ein Luxusleben führen sollten“. Natürlich sollten auch ehemalige Staatsoberhäupter angemessen leben können, „aber ein wenig Bescheidenheit wäre gerade jetzt angebracht“, unterstreicht sie.

Grünen-Haushälterin Ekin Deligöz sieht „Handlungsbedarf“. Gerade auch aus Respekt vor dem Amt und den handelnden Personen müsse der Bundestag „klare und nachvollziehbare Regeln“ setzen. Zeitnah müsse sich damit der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung befassen.

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Auch in der Koalition lösen die Berichte Veränderungsbereitschaft aus. „Die SPD hatte sich bereits beim vorzeitigen Amtsverzicht von Christian Wulff für eine klare und transparente Regelung eingesetzt“, erinnert SPD-Haushälter Johannes Kahrs. „Wir sind auch weiterhin dazu bereit“, unterstrich er. Leider habe die Union das seinerzeit verhindert.

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