Komorowski wird neuer Präsident Europa hofft auf Reformen in Polen

Berlin (RPO). Der liberale Reformer Bronislaw Komorowski hat sich bei der Präsidentenwahl in Polen gegen den konservativen, europakritischen Jaroslaw Kaczynski durchgesetzt. In Europa und Deutschland sorgt diese Nachricht für Erleichterung. Denn die Entscheidung lässt die Hoffnung auf weitere Reformen in Polen wachsen. Und Deutschland hofft, dass sich das mitunter komplizierte Verhältnis beider Länder weiter stabilisiert.

 Jaroslaw Kaczynski gestand seine Niederlage ein.

Jaroslaw Kaczynski gestand seine Niederlage ein.

Foto: AP, AP

Der erste Mann im Staat machte am Montag den Anfang. Bundespräsident Christian Wulff gratulierte den Wahlsieger Komorowski im Namen aller Deutschen. "Ich bin überzeugt davon, dass wir in vertrauensvoller Zusammenarbeit die guten und freundschaftlichen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern vertiefen und weiter entwickeln werden", erklärte das Staatsoberhaupt.

Auf dieser Grundlage könnten Deutschland und Polen auch ihre partnerschaftliche Zusammenarbeit in der Europäischen Union und in der Nato weiter im Interesse der europäischen Integration und der transatlantischen Bindungen einsetzen, heißt es in Wulffs Glückwunschschreiben. "Ich würde mich freuen, möglichst bald mit Ihnen zusammenzutreffen", betonte der Bundespräsident.

"Starkes europäisches Signal"

Außenminister Guido Westerwelle nannte die "souveräne Entscheidung des polnischen Volkes" für Komorowski "ein starkes pro-europäisches Signal". Deutschland wolle die Beziehungen zu Polen künftig weiter vertiefen und verfestigen. "Mit Präsident Komorowski werden wir genauso wie mit Premierminister Tusk und Außenminister Sikorski einen starken Partner für diesen Kurs des Vertrauens und der Zusammenarbeit haben", fügte der FDP-Vorsitzende hinzu.

Wegen Kaczynskis europaskeptischer Haltung war die Präsidentenwahl im Ausland mit Spannung verfolgt worden. Sein verstorbener Brder Lech Kaczynski hatte die Politik des liberalen Ministerpräsidenten Donald Tusk wiederholt blockiert. Während seiner Präsidentschaft legte er 18 Mal sein Veto gegen Gesetze der Regierung ein.

Mit Komorowski an der Staatsspitze kann die Regierung nun ungehindert Reformen auf den Weg bringen, was von Beobachtern umgehend eingefordert wurde. Zudem war es zwischen der Bundesregierung und Lech Kaczynski immer wieder zu Spannungen gekommen — unter anderem in der Debatte um das geplante Zentrum gegen Vertreibung in Berlin.

"Es gibt keine Ausreden mehr"

Jetzt herrscht auch in Polen Optimismus. "Es gibt keine Ausrede mehr", sagte der Warschauer Soziologe Edward Wnuk-Lipinski. Bis zur Parlamentswahl hätten Tusk und seine Minister "500 Tage Zeit", um sich als "wirkungsvolle Regierung" zu präsentieren. Auch der Danske-Bank-Ökonom Lars Christensen sagte, nun gebe es "keine Entschuldigung, Reformen nicht durchzubringen". Die polnische Boulevardzeitung "Fakt" schrieb am Montag auf ihrer Titelseite an die Adresse der Regierung: "Ihr habt jetzt alle Macht. Zeigt uns, was ihr anzubieten habt. Ihr habt ein Jahr."

Komorowski kündigte an, in seiner fünfjährigen Amtszeit das Land stärker einen zu wollen. "Spaltungen sind ein untrennbarer Teil der Demokratie", erklärte er am Sonntagabend. "Aber wir müssen daran arbeiten sicherzustellen, dass diese Spaltungen Zusammenarbeit nicht verhindern." Kaczynskis Anhänger sind überwiegend älter und aus ländlichen Gebieten, Komorowskis Unterstützer sind vor allem junge Leute und Städter.

Komorowski erreichte bei der Wahl am Sonntag nach Auszählung von 95 Prozent der Wahlkreise 52,6 Prozent der Stimmen. Sein Konkurrent Jaroslaw Kaczynski, der Zwillingsbruder des bei einem Flugzeugabsturz tödlich verunglückten Staatschefs Lech Kaczynski, kam auf 47,4 Prozent, wie die Wahlkommission bekanntgab.

(apd/csi)
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