Stresstest bei Atomkraftwerken EU sieht Probleme in Norddeutschland

Brüssel · Bei den Atomkraftwerken in Norddeutschland sieht die EU in puncto Erdbebenwarnung Handlungsbedarf. Das ist das Ergebnis eines EU-Stresstest. Besonders schlecht kommen die französischen Anlagen weg.

Die NRW-Atomanlagen
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Foto: dapd

Als Reaktion auf das Ergebnis des AKW-Stresstests empfahlen die Experten, auf den Anlagen Erdbebenwarnsysteme zu installieren. Von den sechs betroffenen Anlagen sind nur noch Brokdorf, Emsland und Grohnde aktiv.

Trotz Sicherheitsmängeln an fast allen Kernkraftwerken muss aus Sicht der EU-Kommission aber kein einziger Atomreaktor in Europa vom Netz. Es gebe "keine technischen Gründe für ein Abschalten, allerdings sind fast überall Nachbesserungen notwendig", lautete die am Donnerstag vorgestellte Bilanz der Sicherheitschecks, die die EU in den letzten anderthalb Jahren durchgeführt hat.

Auch bei allen zwölf deutschen Reaktoren sehen die Experten Handlungsbedarf: So seien die Richtlinien für das Management bei schweren Unfällen nicht umfassend genug. Außerdem werden zusätzliche Notfallzentren auf den Kraftwerksgeländen gefordert.

"Die Stresstests haben gezeigt, wo unsere Stärken liegen und was wir noch verbessern müssen", erläuterte Energiekommissar Günther Oettinger laut Mitteilung. "Generell ist die Situation zufrieden stellend, zufrieden geben sollten wir uns damit aber nicht."

Alle Reaktoren in der EU geprüft

Bei dem Stresstest sind alle 145 Reaktoren der EU geprüft worden, die sich in insgesamt 15 Mitgliedsstaaten befinden. Uneingeschränkt nahmen an dem Test auch die Schweiz und die Ukraine teil. Dabei ging es laut Mitteilung der EU-Kommission vor allem darum, "die Sicherheit und Robustheit der Kernkraftwerke im Falle extremer natürlicher Ereignisse" wie in Fukushima zu bewerten, Flugzeugabstürze seien nur indirekt einbezogen worden.

Dennoch hatten der dreiphasige Test den einen oder anderen Mangel entdeckt. So seien etwa die aktuellen Standards für die Risikoeinschätzung eines Erdbebens bei nur 54 Akw angewandt worden, die für eine Überflutungsgefahr bei 62 von 145.

Auch empfahl der Test, dass in jedem Kraftwerk seismische Messgeräte vorhanden sein sollten. Doch die müssten bei sogar 121 Akw nachgerüstet werden. Bei 81 Reaktoren sei das Material zur Bekämpfung schwerer Unfälle nicht sicher genug gelagert, hieß es in der Erklärung.

Der Bericht zu den Stresstests nennt einen Investitionsbedarf zwischen zehn und 25 Milliarden Euro, wenn alle Empfehlungen umgesetzt werden. Dabei handelt es sich um die Hochrechnung von Zahlen aus Frankreich, die den Finanzbedarf nur schätzungweise angeben.

Kritik von Greenpeace

Atomkraftgegner kritisieren die sogenannten Stresstests als völlig unzureichend. So sei die Bedrohung durch Terroranschläge oder das Alter der Reaktoren und damit die Gefahr von Rissen im Beton außer Acht gelassen worden, erklärte Greenpeace am Donnerstag. "Es gibt ernsthafte Risiken, die nicht untersucht wurden", so Greenpeace-Sprecher Mark Breddy. "Die Regierungen müssen die ältesten und unsichersten Reaktoren schnell abschalten."

Besonders schlecht kommen die französischen Anlagen weg. EU-Energiekommissar Günther Oettinger hatte die Stresstests als Reaktion auf die Katastrophe im japanischen Fukushima vor anderthalb Jahren durchführen lassen.

(dpa/das/afp)
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