Ende eines monatelangen Streits Aufatmen in der Koalition – Heizungsgesetz passiert Bundestag

Berlin · Nach monatelangem Streit innerhalb der Ampel-Koalition und einer Verzögerung durch das Verfassungsgericht haben die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP das Heizungsgesetz verabschiedet. Wie die Debatte im Bundestag ablief.

 Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) spricht im Bundestag.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) spricht im Bundestag.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Robert Habeck tritt ans Rednerpult im Bundestag, ordnet sein Manuskript. Der grüne Wirtschaftsminister will am Freitag einen Schlussstrich unter einem Gesetz aus seinem Hause ziehen, dessen Zustandekommen die Republik ein halbes Jahr in Atem gehalten hat. „Ich finde es berechtigt, mit konkreten und auch besorgten Nachfragen auf dieses Gesetz einzugehen. Was man allerdings nicht durchgehen lassen sollte, ist, den Menschen Sand ins Auge zu streuen - zu sagen, wir machen Ziele, aber wir tun nichts dafür, dass diese Ziele erreicht werden“, sagt Habeck zu Beginn. Spöttisches „Hahaha“ aus der AfD-Fraktion.

Das Gesetz schaffe Rechtssicherheit, es schütze die Verbraucherinnen und Verbraucher vor hohen Energiepreisen und sorge dafür, dass die Kommunen und die Verbände mitgenommen werden. Es sorge für eine soziale Ausbalancierung. „Es ist ein gutes Gesetz.“ Habeck sagt weiter, die vorherige unionsgeführte Bundesregierung habe beschlossen, dass Deutschland 2045 klimaneutral sein solle. Es seien aber keine Detail-Maßnahmen vorgeschlagen worden. Nun werde es konkret, Millionen von Menschen seien betroffen. Er nehme deren Sorgen sehr ernst.

Zwei Stunden später beschließt der Bundestag dann nach monatelangen Konflikten das Habecksche Heizungsgesetz. Für das Gesetz stimmen 399 Abgeordnete, mit Nein 275 bei 54 Enthaltungen.

Zuvor allerdings geht es im Bundestag hoch her. Die grüne Fraktionschefin Katharina Dröge ist die erste Rednerin an diesem Tag. „Die neuen Regeln richten sich nur an die, die sich sowie für eine neue Heizung entscheiden“, ruft Dröge. „Alle Formen klimafreundlichen Heizens werden in Zukunft auch möglich sein“. Sie betont, dass das Gesetz vor allem Sicherheit biete. Und sie räumt ein: „Wir haben es uns gegenseitig nicht leicht gemacht in diesen Verhandlungen, wir haben Verunsicherung damit erzeugt, die nicht nötig gewesen wäre.“ Das müsse in Zukunft besser werden. Jetzt aber würden alle Fraktionen der Regierung Verantwortung übernehmen. Habeck hört als einer der wenigen auf der Regierungsbank Dröges Rede aufmerksam zu.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt redet sich danach in Rage: „Es hat keine Unsicherheit gegeben, es gibt Angst in der Bevölkerung, es gibt Protest in der Bevölkerung“, sagt Alexander Dobrindt. „Die Menschen haben Angst, dass sie sich das von der Ampel verordnete Gesetz nicht leisten können.“ Dieses Gesetz mache die Menschen arm. Er bemängelt, dass die durch das Gesetz verursachten CO2-Einsparungen verhältnismäßig gering seien – und fordert schon einmal die Abschaffung des Gesetzes. Rhythmisches Klatschen der Unionsfraktion nach Dobrindts Rede, die sich vor allem darauf beschränkt hat, dass Menschen finanziell überlastet würden durch das Gesetz.

Die Debatte nimmt an Fahrt auf. Der SPD-Politiker Matthias Miersch kritisiert, die Union habe heute keine Anträge parat, um das Gesetz zu verbessern. Der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann, der in Karlsruhe geklagt hatte, meldet sich mit einer Zwischenfrage zu Wort. Er habe Änderungsvorschläge erarbeitet zum Gesetz und auf eine Gelegenheit gewartet, diese zu besprechen. Karlsruhe habe mit seinem Urteil auf Verhandlungen in einer Ausschusssitzung referiert. Er wolle keine Änderungsanträge für den Bundestag für den Papierkorb schreiben. „Ihr Verständnis von Parlamentarismus scheint ein völlig anderes zu sein als meins“, entgegnet Miersch. Die Unionsfraktion johlt.

Das Heizungsgesetz war zum Symbol der Streitigkeiten innerhalb der Regierung geworden. Viele Bürger fühlen sich zudem finanziell überfordert durch die geplanten Maßnahmen, für die allerdings vergleichsweise hohe Förderungen bereitgestellt werden sollen.

Mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) müssen neue Heizungen ab 2024 grundsätzlich mit einem Anteil von mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden. Allerdings soll die Vorgabe erst greifen, wenn Kommunen eine verbindliche Wärmeplanung vorgelegt haben.

Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch kritisiert, das Verfahren zum Gesetz sei ein Desaster gewesen, so etwas habe er seit 1998 im Parlament nicht erlebt. Er wirft der Ampel Arroganz gegenüber dem Parlament und gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern vor. „Selbst Kommafehler wollen Sie nicht verändern, wo leben wir denn?“, kritisiert Bartsch und spricht von einer Missachtung des Parlaments.

Der CDU-Politiker Jens Spahn beschreibt seine Eindrücke: „Ich erlebe gestandene Rentnerinnen und Rentner, die mit Tränen in den Augen zu mir kommen, weil sie nicht wissen, wie sie das bezahlen wollen.“ „Ohne Rücksicht auf Verluste“ werde das Gesetz durchgepeitscht. „Ihr Heizungsgesetz ist ein Vertrauensverlust-Gesetz, ein Konjunkturprogramm für die Populisten“, sagt Spahn. Um 15.10 Uhr heißt es dann: Heizungsgesetz beschlossen. Habeck geht zu seiner Fraktion und lässt sich von einigen Abgeordneten umarmen. Es war ein langer Weg.

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