Schwarz-Rot auf der Zielgeraden Erster Koalitionsgipfel mit Laschet

Berlin · Die Spitzen von Union und SPD kommen am Mittwoch erstmals im Superwahljahr 2021 zu einem Koalitionsausschuss zusammen. Bei dem vor allem auf Initiative der SPD angesetzten Treffen im Kanzleramt in Berlin soll über finanzielle Verbesserungen für Geringverdiener, Arbeitslose und für Firmen mit Verlusten in der Corona-Krise beraten werden.

 Ein Polizeifahrzeug steht vor dem beleuchteten Bundeskanzleramt. (Archiv)

Ein Polizeifahrzeug steht vor dem beleuchteten Bundeskanzleramt. (Archiv)

Foto: dpa/Dorothée Barth

Die Bundestagswahl ist zwar erst im September, für politische Vorhaben bleibt der großen Koalition aber nicht mehr viel Zeit. Der Gesetzgebungsprozess kann sich schnell in die Länge ziehen, insbesondere bei Konfliktthemen. Und davon hat das Bündnis aus Union und SPD gleich mehrere vor der Brust. Die SPD-Spitze drang nach Monaten auf einen Koalitionsausschuss, um beispielsweise über umstrittene Corona-Zuschüsse für Hartz-IV-Empfänger und mehr Unterstützung für Eltern zu reden.

An diesem Mittwoch kommen daher Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Vizekanzler Olaf Scholz (SPD), CSU-Chef und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sowie die Fraktionschefs von Union und SPD zusammen – und erstmals wird auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet in seiner neuen Rolle als CDU-Vorsitzender mit dabei sein.

Die meisten dieser Teilnehmer treffen sich ohnehin häufiger in Runden mit den anderen Ministerpäsidenten, beim Impfgipfel und sonstigen Krisenrunden oder in Regierungsbesprechungen und im Kabinett. Esken und Walter-Borjans bleiben dabei aber wegen fehlender Regierungsämter häufig außen vor, weswegen ihnen der Gipfel im noch jungen Superwahljahr eine willkommene Bühne bieten dürfte.

Und so sagt Esken im Vorfeld: „Ich habe die klare Erwartung, dass wir heute im Koalitionsausschuss über eine Neuauflage des Kinderbonus sprechen.“ Man habe mit dieser Bonuszahlung für Familien im vergangenen Jahr sehr gute Erfahrungen gemacht und wolle jetzt erneut diejenigen unterstützen, denen man in dieser Pandemie besonders viel abverlangen müsse – Kindern und Familien. „Geringverdiener haben es in der Corona-Zeit ganz besonders schwer, daher ist der Kinderbonus, der Familien in diesen schwierigen Zeiten entlastet und das Armutsrisiko von Kindern verringert, jetzt genau das was wir brauchen“, sagt die SPD-Vorsitzende.

Doch auch für Laschet wird der Koalitionsgipfel eine wichtige Bühne sein. Nicht nur, weil mit Söder ein potentieller Konkurrent um die Kanzlerkandidatur der Union mit in der Runde sitzt. Auch trifft er mit Norbert Walter-Borjans auf einen alten Bekannten. Der SPD-Mann war einst NRW-Finanzminister und Laschet CDU-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag, die politische Auseinandersetzung zwischen ihnen etwa zur Haushaltspolitik war scharf. Heute wird ihnen jedoch eine gute gemeinsame Gesprächsebene nachgesagt. Für das kollegiale Du reichte es bislang aber nicht.

Unterdessen dringt Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auf einen Zuschuss für Menschen in Grundsicherung und Geringverdiener und begründet dies mit der langen Dauer der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie. Gerade jetzt bräuchten die Menschen Ablenkung und Entlastung, so Heil. „Denn wenn man lange in den eigenen vier Wänden bleiben muss, seine Freunde nicht mehr treffen kann, nicht auf den Bolzplatz kann, braucht es auch Abwechslung und kleine Freuden für die Kleinen, um den Alltag in der Pandemie erträglich zu gestalten“, so der Minister. „Deshalb will ich einen Corona-Zuschlag für Menschen in der Grundsicherung und für Geringverdiener, mit dem die größten Belastungen ausgeglichen werden können.“ Man dürfe nicht zulassen, dass Corona zur sozialen Spaltung der Gesellschaft führe.

Auch die Grünen stellen sich hinter diese Forderung. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt: „Ich appelliere an die Koalitionäre bei der heutigen Entscheidung über einen Hartz-IV-Krisenaufschlag den Vorwahlkampf hinten anzustellen.“ Jetzt brauche es einen Moment der Menschlichkeit. Vielerorts sei das kostenlose Schulessen gestrichen, hätten Hilfsangebote geschlossen und die Chance in der Krise einen neuen Job zu finden, sei gleich Null. „Deswegen braucht es einen Krisenaufschlag von 100 Euro für Erwachsene und 60 Euro für Kinder, von dem jeder – ob klein oder groß – in Würde leben kann“, so Göring-Eckardt.

In der Union gibt man sich skeptisch, fürchtet weitere Milliardenbelastungen – und will einen Schwerpunkt auf Unternehmenshilfen setzen, um die Wirtschaft in Gang zu bekommen. So sollen Betriebe erwartete coronabedingte Verluste aus 2020 und 2021 bei der Steuererklärung mit Gewinnen aus 2019 verrechnen können. Dadurch würden zunächst weniger Steuern fällig. Die Union setzt sich dafür ein, die bislang geltende Grenze von fünf Millionen Euro abzuschaffen oder anzuheben. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) lehnt die Abschaffung der Höchstgrenze bisher ab, weil nach Rechnung seines Ministeriums ohnehin schon 99,5 Prozent der steuerpflichtigen Unternehmen profitieren, das also wenig bringen würde. Auch der Konflikt um das geplante Lieferkettengesetz für die Achtung der Menschenrechte in Zulieferbetrieben deutscher Unternehmen schwelt weiter. Ob das Thema beim Koalitionsausschuss auf den Tisch kommen wird, blieb am Dienstag offen.

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