Sterbehilfe Erste Dignitas-Filiale stößt auf Ablehnung

Hannover (rpo). Die Eröffnung der ersten Filiale der Schweizer Sterbehilfeorganisation Dignitas hat zu massiven Protesten von Kirche, Staat und Politik geführt. Dignitas verfolgt nach eigenen Angaben das Ziel "das Recht des mündigen Menschen auf einen selbstbestimmten Tod auch in Deutschland durchzusetzen". Zustimmung kam indes von der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben.

Die traurige Chronik von Terri Schiavo
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Der Verein wolle mit seinem Büro in Hannover Schwerkranken in Deutschland die Möglichkeit geben, sich Informationen über den "selbstbestimmten Tod" zu verschaffen. Man wolle so dafür sorgen, "dass die Autonomie des Willens gewahrt bleibt", sagte der erste Vorsitzende von Dignitas Deutschland Minelli. Mit der deutschen Geschäftsstelle wolle der Verein eine "Anlaufstelle für Menschen bieten, die sich hier beraten lassen wollen". In Deutschland werde es zunächst weder eine Suizidbegleitung wie in der Schweiz noch aktive Sterbehilfe geben.

In so genannten "Sterbewohnungen" wird in der Schweiz Sterbewilligen das hoch dosierte Schlafmittel Natrium-Pentobarbital zur Verfügung gestellt. Nach eigenen Angaben hat "Dignitas" damit seit der Gründung des Vereins vor sieben Jahren für 453 Menschen Sterbebegleitung gewährleistet, davon 253 aus Deutschland.

Das ärztliche Standesrecht sowie die deutsche Rechtsprechung verhinderten derzeit, hier zu Lande das Mittel Natrium-Pentobarbital in tödlichen Dosen zu verschreiben, sagte Minelli. Dignitas klage jedoch bereits vor einem deutschen Verwaltungsgericht dagegen.

Kritik der Ministerin

Niedersachsens Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) und die Hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann kritisierten in einer gemeinsamen Erklärung, Dignitas setze "nur auf den schnellen Tod". Der Verein schlage die "Tür zu, das Sterben als ein Stück Leben zu begreifen". Käßmann und von der Leyen plädierten "für ein Sterben in Würde". Dafür müssten in Deutschland die Hospizausstattung und die Versorgung mit schmerzlindernden Mitteln verbessert werden. Das Landesjustizministerium wollte zunächst abwarten. "Eine Vereinsgründung verstößt nicht gegen das Gesetz", sagte eine Sprecherin von Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU). Allerdings sehe man die Filial-Gründung von Dignitas "mit großer Sorge".

Die Gründung von "Dignitas Deutschland" sei "ein Schlag ins Gesicht all derer, die Tag für Tag voll Liebe und Hingabe an der Seite Kranker und Sterbender stehen", sagte der Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch. Vor der Gründungsversammlung hatte die Hospiz Stiftung, eine Patientenschutzorganisation für Schwerkranke, mit Pestmasken, "Giftcocktails" und Plakaten protestiert, auf denen "Kein Todesexport aus der Schweiz" stand. Dignitas sei eine "obskure Organisation", die mit dem Tod Geschäfte treibe, sagte Brysch.

Der Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in der Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin", Thomas Rachel, sagte, die Gründung sei ein falsches Signal für schwer kranke Menschen. Ziel müsse es sein, den Patienten die Angst vor ihrer Krankheit zu nehmen und sie zu begleiten. Er forderte einen besseren Einsatz von Schmerzmittel.

Dagegen begrüßte die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) die "Unterstützung für die rechtsstaatlichen Anliegen eines menschenwürdigen Sterbens in Deutschland". Das Schweizer Modell eines begleiteten Suizids in bestimmten Fällen sei in Deutschland überfällig.

(ap)
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