Was man jetzt wissen muss Hohe Energiepreise – Welche staatlichen Hilfen bald auslaufen
Berlin · Mit Energiepreisbremsen und Zuschüssen hat die Bundesregierung Verbraucher und Unternehmen vor den größten Preissprüngen bei Gas und Öl geschützt. Doch viele Hilfen sollen bald auslaufen. Was man jetzt wissen muss.
Nach Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 und dem Stopp der russischen Energielieferungen schossen die Preise für Strom, Gas und Öl nach oben – doch die Bundesregierung linderte die größten Preisschocks mit vielen Instrumenten. Verbraucher, Unternehmen, Studenten, Rentner und Arbeitnehmer wurden entlastet. Mittlerweile haben sich die Preise für Gas und Öl wieder nahezu normalisiert, doch der nächste Winter naht und viele Hilfen laufen aus. Oder werden sie noch einmal verlängert? Ein Überblick.
Energiepreisbremsen Bei der Strom- und der Gaspreisbremse wird der Preis für 80 Prozent des Verbrauchs der Privathaushalte und der Unternehmen in diesem Jahr gedeckelt – für Strom bei 40 Cent je Kilowattstunde und für Gas bei zwölf Cent je Kilowattstunde. Nach jetzigem Stand laufen die Preisbremsen zum Jahresende jedoch aus. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) macht sich nun für die Verlängerung bis Ostern 2024 stark. Der Vorschlag findet parteiübergreifend viel Unterstützung, allerdings müssten der Finanzminister, die EU-Kommission und anschließend der Bundestag dafür grünes Licht geben. Finanziert werden die Preisbremsen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF), einem ursprünglich mit 200 Milliarden Euro gefüllten Sondervermögen des Bundes. Nach jüngsten Berechnungen des Vergleichsportals Verivox würde ein Wegfall der Energiepreisbremsen Strom und Gas im Durchschnitt ab Januar 2024 wieder spürbar teurer machen: Die durchschnittlichen Stromkosten bei 4000 Kilowattstunden Jahresverbrauch würden von derzeit 1448 Euro um 56 Euro auf 1504 Euro steigen. Dies entspricht einem Plus von 3,9 Prozent. Bei 20.000 Kilowattstunden würden die Gaskosten von derzeit 2201 Euro um 173 Euro auf 2374 Euro zulegen, ein Anstieg um 7,9 Prozent. Neukundentarife seien aber bereits wieder so günstig wie vor der Energiekrise, stellte das Portal heraus. Eine Kilowattstunde Strom für Neukunden kostet laut Verivox derzeit im Schnitt 29,49 Cent, eine Kilowattstunde Gas für Neukunden 9,1 Cent.
Mehrwertsteuersatz I Gaskunden müssen sich wahrscheinlich zum Jahreswechsel noch aus einem anderen Grund auf höhere Preise einstellen: Früher als erwartet will die Bundesregierung auf Erdgas wieder den höheren Mehrwertsteuersatz ansetzen. Wenn die Anbieter das vollständig weitergeben, steigen die Gaspreise für private Haushalte nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox zum Januar um rund elf Prozent. Für einen Musterhaushalt mit vier Personen bedeute dies Mehrkosten von durchschnittlich sogar 270 Euro im Jahr. Wegen der plötzlich extrem hohen Preise hatte die Bundesregierung Gas und Fernwärme im vergangenen Jahr steuerlich begünstigt. Ursprünglich sollte bis Ende März 2024 der niedrigere Mehrwertsteuersatz von sieben statt 19 Prozent gelten. Nun aber seien alle Ministerien und der Kanzler dafür, die Entlastung schon zum Jahresende auslaufen zu lassen, hieß es am Montag. Beschlossen ist das damit aber noch nicht, denn der Bundestag muss noch zustimmen. Gegen die vorgezogene Erhöhung regt sich in den Fraktionen von SPD und Grünen Widerstand.
Mehrwertsteuer II Um die Gastronomie während der Corona-Krise zu entlasten, war der Steuerersatz für Speisen im Restaurant auf sieben Prozent gesenkt worden. Aufgrund der Energiekrise wurde die Maßnahme bis Ende 2023 verlängert. Die Branche fordert nun eine weitere Verlängerung. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte zuletzt eine Entscheidung über eine dauerhafte Lösung für Ende des Jahres an.
Studierende Noch bis zum 30. September können Studierende einmalig 200 Euro beantragen. Die Bundesregierung möchte mit dem Geld Studierende aufgrund der gestiegenen Energiekosten entlasten. Ausgegangen wurde von bis zu 3,4 Millionen Anspruchsberechtigten an Hochschulen, Fachhochschulen und Fachschulen und entsprechenden Kosten von 680 Millionen Euro. Die 200 Euro sind steuerfrei.
Rentner Diejenigen, die ihre Rente aus Deutschland bekommen, haben eine Energiepreispauschale von 300 Euro bereits im Dezember 2022 oder Januar 2023 automatisch überwiesen bekommen. Das waren rund 20 Millionen Menschen.
Arbeitnehmer 3000 Euro – so viel Geld dürfen Arbeitgeber ihren Beschäftigten steuer- und abgabenfrei im Zeitraum von Oktober 2022 bis Ende 2024 insgesamt als Inflationsprämie zahlen. Dadurch sollen Arbeitnehmer entlastet werden, die mit gestiegenen Energie- und Nahrungsmittelpreisen zu kämpfen haben. Die Auszahlung kann noch bis 31. Dezember 2024 erfolgen – auch gestückelt. Ob man Teilzeit oder Vollzeit arbeitet, spielt keine Rolle.