Edathy unterbricht Sitzung Eklat im NSU-Bundestagsausschuss

Berlin · Bei der Vernehmung des früheren Verfassungsschutz-Vizepräsidenten Klaus-Dieter Fritsche im NSU-Ausschuss des Bundestags ist es zu einem Eklat gekommen.

 Während der Vernehmung von Klaus-Dieter Fritsche kam es zum Eklat.

Während der Vernehmung von Klaus-Dieter Fritsche kam es zum Eklat.

Foto: dapd

Der Ausschuss-Vorsitzende Sebastian Edathy (SPD) unterbrach die Sitzung am Donnerstag, nachdem Fritsche mit scharfen Worten Kritik an der Arbeit der Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit der rechtsextremen Zelle NSU zurückgewiesen und Zwischenfragen von Abgeordneten abgelehnt hatte. "Es gibt Grenzen dessen, was man hier hinnehmen muss", sagte Edathy.

Nach rund 20 Minuten Pause mit internen Beratungen im Ausschuss wurde die Sitzung mit Fritsche fortgesetzt. Fritsche war zum Zeitpunkt der NSU-Mordserie Vizepräsident des Verfassungsschutzes. Heute ist er Staatssekretär im Bundesinnenministerium. In seinem Eingangsstatement vor dem Ausschuss hatte er die Preisgabe geheimer Informationen an die Medien beklagt und kritisiert, dass die Untersuchungsarbeit "von einem Skandalisierungswettstreit überlagert wird". Ausdrücklich wehre er sich dagegen, dass "beißende Kritik, Hohn und Spott über einen ganzen Berufszweig von Polizisten und Verfassungsschützern niedergeht".

Fritsche begründete dann ausführlich, warum es geboten sein könne, dem Ausschuss vertrauliche Unterlagen gar nicht oder nur in geschwärzter Fassung vorzulegen. Dabei gehe es nicht um "mangelnde Kooperationsbereitschaft" seitens der Sicherheitsbehörden und der Regierungen, sondern um die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen. Fritsche lehnte es während seines Eingangsstatements mehrfach ab, Zwischenfragen von Abgeordneten zu beantworten.

Der Grünen-Obmann im Ausschuss, Wolfgang Wieland, warf Fritsche vor, seine Zeugenaussage für "allgemeine Staatsbürgerkunde" und "Verdächtigungen gegen die Medien" zu missbrauchen. Edathy ermahnte Fritsche, sich "konzentriert" nur zum Thema des Ausschusses zu äußern. Fritsche machte nach der Unterbrechung klar, dass er dem Ausschuss keine Indiskretion anlaste. Er habe nur in allgemeiner Form auf die Bedeutung von Vertraulichkeit für die Arbeit des Verfassungsschutzes mit V-Leuten hinweisen wollen.

Fritsche: Manche Informationen müssen geheim bleiben

An seiner Auffassung, dass dem Ausschuss manche Informationen - wie etwa die Klarnamen von Informanten in der rechtsextremen Szene - vorenthalten werden müssten, hielt Fritsche fest. Er berief sich hierbei auf den Staatswohlgedanken im Grundgesetz, den er in einem "Spannungsverhältnis" zum Aufklärungsgedanken eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses stehe. Edathy bezeichnete dies als "interessante Rechtsauffassung".

Kritisch bewertete Fritsche die Vernichtung von Akten mit Bezug zum Rechtsextremismus nach Auffliegen der NSU im November 2011. Der Vorgang im Bundesamt für Verfassungsschutz habe ihn "fassungslos" gemacht, sagte er. Zwar sei die Vernichtung von Akten wegen der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen ein "völlig normaler, ja notwendiger Vorgang". Allerdings habe das Schreddern der Akten nach der NSU-Enttarnung "die ganze Behörde in Verruf gebracht". Fritsche wertete den Vorgang als "individuelles Fehlverhalten eines Mitarbeiters", der dabei keine Vertuschungsabsicht verfolgt habe.

(AFP)
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