Streit um Offensive gegen Kurden Berlin stoppt Nachrüstung türkischer "Leopard"-Panzer

Berlin · Als Konsequenz aus der Syrien-Offensive der Türkei hat die Bundesregierung die Entscheidung über eine Nachrüstung türkischer "Leopard 2"-Kampfpanzer auf Eis gelegt. Dies könnte die Beziehung zwischen Berlin und Ankara neuerlich belasten.

 Die Aufnahme vom 21.01.2018 zeigt türkische Kräfte in der Provinz Hatay in der Nähe der Grenze zu Syrien.

Die Aufnahme vom 21.01.2018 zeigt türkische Kräfte in der Provinz Hatay in der Nähe der Grenze zu Syrien.

Foto: dpa, hjb htf

"Was die aktuellen Beratungen um Rüstungsexporte angeht, so ist für die Bundesregierung klar, dass wir nicht in Spannungsgebiete liefern dürfen und dies auch nicht tun werden", erklärte Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) am Donnerstag in Berlin. Unklar blieb zunächst, ob damit auch alle anderen Rüstungsexporte in die Türkei gemeint sind.

351 Panzer des Typs "Leopard 2"

Die Bundeswehr hatte dem Nato-Partner Türkei in den 90er Jahren 351 "Leopard 2" aus ihren Beständen geliefert. Die türkische Armee war am Sonntag in Nordsyrien einmarschiert, um dort die kurdische Miliz YPG zu bekämpfen. Am Montag waren Bilder aufgetaucht, die den Einsatz der schweren Kampfpanzer bei der türkischen Offensive gegen die YPG-Miliz zeigen.

Gabriel hatte seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu Anfang Januar zugesagt, die Nachrüstung der Panzer mit Minenschutz zu prüfen. Er begründete das damit, dass die Nachrüstung das Leben von Soldaten im Einsatz schützen könne. Im Kampf gegen die Terrororganisation IS waren mehrere türkische "Leopard 2"-Panzer zerstört worden.

Die Zusage Gabriels erfolgte aber vor der türkischen Offensive in Nordsyrien, die am vergangenen Samstag mit Luftangriffen begann. Am Sonntag folgte der Einmarsch türkischer Truppen. Vier Tage später verständigte sich am Donnerstag Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Gabriel darauf, nicht über die "Leopard"-Nachrüstung zu entscheiden, bis eine neue Bundesregierung im Amt ist.

Rüstungsexporte sollen bei Groko-Verhandlungen Rolle spielen

Gabriel begründete das nach dem Gespräch mit Merkel damit, dass die Rüstungsexporte in Koalitionsverhandlungen eine "herausragende Rolle" spielen werden. "Deshalb sind wir uns in der geschäftsführenden Bundesregierung einig, dass wir dem Ergebnis der laufenden Koalitionsverhandlungen nicht vorgreifen und mit der Beratung von kritischen Vorhaben bis zur Neubildung einer Regierung warten."

Die Entscheidung könnte zu einer neuen Belastung der deutsch-türkischen Beziehungen führen, die Gabriel und Cavusoglu gerade erst auf den Weg der Entspannung gebracht haben. Cavusoglu äußerte sich am Donnerstag überrascht über die Berichte über eine Aussetzung der "Leopard"-Nachrüstung. "Von einer Aussetzung oder Annullierung ist keine Rede", sagte er der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu. "Es hätte sich eine Kommission bezüglich der Leopard Panzer versammeln sollen. Diese Versammlung der Kommission wurde verschoben." Mit Kommission kann er eigentlich nur den Bundessicherheitsrat meinen, der über deutsche Rüstungsexporte entscheidet. Dem Gremium gehören Merkel, Gabriel und mehrere weitere Minister an.

"Bundesregierung nach wie vor besorgt"

Angesichts der Spannungen in den deutsch-türkischen Beziehungen hatte die Bundesregierung die Genehmigung von Rüstungsexporten in die Türkei im vergangenen Jahr zwar eingeschränkt, aber nicht gestoppt. 2017 wurden Geschäfte im Wert von 34,2 Millionen Euro genehmigt. Im Vergleich zu den 83,9 Millionen Euro 2016 ist das allerdings weniger als die Hälfte.

Gabriel forderte am Donnerstag auch die Nato dazu auf, sich mit der türkischen Offensive in Syrien zu befassen. Er habe Generalsekretär Jens Stoltenberg gebeten, innerhalb des Bündnisses darüber zu beraten, sagte er.

"Die Bundesregierung ist nach wie vor sehr besorgt über den militärischen Konflikt im Norden Syriens", erklärte Gabriel. "Wir setzen uns deshalb gemeinsam mit Frankreich dafür ein, eine weitere Eskalation zu stoppen, den humanitären Zugang zu ermöglichen und die Zivilbevölkerung zu schützen. Das hat oberste Priorität." Allerdings trete man auch gemeinsam dafür ein, "dass die Sicherheitsinteressen der Türkei Beachtung finden".

(csi/dpa)
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