Trotz Steuerzuschüssen Pflegeversicherung hat finanzielle Probleme

Berlin · Nach Angaben der Bundesregierung sind die Einnahmen der Pflegeversicherung zuletzt deutlich weniger angestiegen als vor der Corona-Krise. Und das trotz hoher Steuerzuschüsse. Die Linke kritisiert das als eine nicht krisenfeste Finanzierung und dringt auf Reformen.

 Eine ältere Frau sitzt in einem Pflegeheim in Düsseldorf in ihrem Rollstuhl vor einem Tisch (Archiv).

Eine ältere Frau sitzt in einem Pflegeheim in Düsseldorf in ihrem Rollstuhl vor einem Tisch (Archiv).

Foto: dpa/Marcel Kusch

Ohne Zuschüsse aus Steuermitteln wäre die Finanzierung der Pflegeversicherung in einem kritischen Zustand. Das geht aus Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums auf eine schriftliche Anfrage der Linksfraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Demnach betrugen die Einnahmen im vergangenen Juni knapp 4,1 Milliarden Euro. Im Juli stiegen sie auf 5,8 Milliarden, wovon der Bund jedoch 1,8 Milliarden Euro aus Steuern finanzierte. Ansonsten wären die Einnahmen leicht um 0,66 Prozent auf 4,04 Milliarden Euro gesunken. Auch im August nahm die Pflegeversicherung nur rund 4,1 Milliarden Euro ein.

Das Problem: Die Zuwachsraten bei den Einnahmen und bei den Mindestreserven sind deutlich geringer als in den Vorjahren. Aus Sicht der Linken spricht das für eine erhebliche Krisenanfälligkeit des Systems. So wuchsen die Einnahmen über das erste Halbjahr 2020 betrachtet um 5,77 Prozent. 2018 nahm die Pflegeversicherung in den ersten sechs Monaten hingegen knapp 6,9 Prozent und im ersten Halbjahr 2019 gar 17,5 Prozent mehr ein als zuvor. Auch die wichtigen Mindestreserven waren im Vorjahr viel kräftiger gestiegen: Um 46,3 Prozent im ersten Halbjahr 2019, von Januar bis einschließlich Juni 2020 waren es den Angaben zufolge nur knapp fünf Prozent mehr. Insgesamt verfügte die Pflegeversicherung im August noch über 6,41 Milliarden Euro – im Juli waren es wegen des Zuschusses gut acht Milliarden.

„Das finanzielle Fundament der Sozialen Pflegeversicherung ist brüchig“, sagte Pia Zimmermann, pflegepolitische Sprecherin der Linksfraktion. „Der an sich zu begrüßende Steuerzuschuss im Juli ändert daran nichts.“ Die Linke will beispielsweise auch von Miet- und Kapitaleinkünften Beiträge für die Pflegeversicherung abziehen. Das Privileg, dass sich Besser- und Spitzenverdiener der solidarischen Finanzierung entziehen könnten, solle bei der bevorstehenden Reform der Pflegeversicherung abgeschafft werden, forderte Linken-Politikerin Zimmermann.

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