Merkel trifft Netanjahu Einig im Dissens

Berlin · Bei den Konsultationen am Donnerstag in Berlion geben sich Kanzlerin Angela Merkel und Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu gar nicht erst Mühe, die Meinungsverschiedenheiten zu übertünchen. Beide betonten gleichzeitig die Freundschaft beider Länder.

Deutsch-israelische Regierungsgespräche 2012 - Netanjahu trifft Merkel
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Deutsch-israelische Regierungsgespräche 2012 - Netanjahu trifft Merkel

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Vor allem wegen seiner Siedlungspolitik war Israel zuletzt international teils scharf kritsiert worden. Auch die Bundesregierung hatte sich unzufrieden mit der Blockade im Friedensprozess gezeigt.

Den Streit über die israelische Siedlungspolitik konnten beide Seiten auch beim Treffen in Berlin nicht ausräumen. Sie könne nur sagen, "dass wir uns einig sind, dass wir uns nicht einig sind", sagte Merkel am Donnerstag nach den 4. deutsch-israelischen Regierungskonsultationen und bilateralen Gesprächen mit Netanjahu in Berlin.

Auf die Frage, ob sie wegen der Siedlungspolitik Konsequenzen erwäge, sagte Merkel: "Ich bin niemand, der droht." Zugleich verteidigte sie die deutsche Enthaltung bei der Aufwertung der Palästinensergebiete zum UN-Beobachterstaat. Netanjahu hatte diese Entscheidung schon vor dem Treffen in einem ungewöhnlichen Schritt öffentlich verurteilt. Merkel sagte nun, die Bundesregierung habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Sie sei aber gegen einseitige Maßnahmen, die nicht hilfreich für den Friedensprozess seien. "Das war sehr wohl überlegt."

Netanjahu hob seine Sorge hervor, dass die Haltung Deutschlands zu einer Verhärtung der Position der Palästinenser führen könne. Er machte aber deutlich, dass er keinerlei Zweifel an der grundsätzlichen Freundschaft Merkels zu Israel habe.

Netanjahu räumte ein: "Wir wissen, dass es ein Gefühl der Frustration in Europa gibt, dass das Palästinenserproblem noch nicht gelöst ist." Er fügte hinzu:
"Dieser Frieden wird sicherlich nicht in den Vereinten Nationen in New York entschieden, aber auch nicht in Europa. Er wird entschieden und getroffen werden zwischen Jerusalem und Ramallah."

Noch unmittelbar vor dem Treffen mit Merkel hatte Netanjahu einen andere Tonlage gewählt und seinem Ärger auch öffentlich Luft gemacht: Die deutsche Enthaltung bei Palästinas Aufwertung zum UN-Beobachterstaat habe den Friedensprozess "zurückgeworfen", kritisierte er in der Zeitung "Die Welt". Von Merkel persönlich sei er enttäuscht.

Das heutige Treffen fand im Rahmen der alljährlichen deutsch-israelischen Regierungsgespräche statt. Begleitet wird Netanjahu von sechs israelischen Ministern. Außenminister Avigdor Lieberman sagte seine Teilnahme jedoch kurzfristig ab. Begründet wurde dies mit Gesundheitsproblemen.

Vom Kanzleramt wurde die Begegnung vorab als "offenes Gespräch unter Freunden" charakterisiert. Merkel wollte dabei auch die israelischen Pläne zum Bau von mehr als 3000 weiteren Wohneinheiten in den Palästinensergebieten ansprechen. Ebenso wie zahlreiche andere Staaten versucht Deutschland, Netanjahu davon abzubringen.

(dpa)
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