Philipp Rösler herzt Bild-Chef Kai Diekmann Eine Umarmung löst Befremden aus

Beim Wiedersehen in Kalifornien fielen sich Philipp Rösler und Bild-Chef Kai Diekmann in die Arme wie zwei dicke Kumpel. Die Fotos dieser Begegnung verselbständigen sich seitdem im Netz. Denn vielen stößt die Nähe zwischen Minister und "Bild" sauer auf. Diekmann reagierte auf die Aufregung ironisch.

 Das Bild von Rösler und Diekmann machte umgehend die Runde im Netz. Auf einer Website kann man ihm etwa einen eigenen Text verpassen.

Das Bild von Rösler und Diekmann machte umgehend die Runde im Netz. Auf einer Website kann man ihm etwa einen eigenen Text verpassen.

Foto: Screenshot Thomas Pfeiffer

Philipp Rösler, amtierender Vizekanzler und FDP-Chef bereist derzeit mit 100 deutschen IT-Gründern die USA, um etwas vom Pioniergeist der Amerikaner zu lernen, wie er sagt. Auch Rösler wirkt auf dem Trip sichtbar angetan.

Offensichtlich fühlt er sich recht wohl in der Umgebung von Google, Facebook und seiner Managerin Sheryl Sandberg. Auf anderen Motiven joggt er mit Begleitern im hautengen Sportdress vor der Golden Gate Bridge oder verewigt sich mit strahlendem Lachen wie ein aufgeregter Tourist mit Kreide auf der Besuchertafel in der Facebook-Zentrale. Kalifornien ist der Hot Spot und Rösler darf Teil davon sein.

Diekmann im Nerd-Look

Ein Motiv aber dürfte besonders in Erinnerung bleiben. Am Montag fiel Rösler dem für ein Jahr ins Silicon Valley ausgewanderten "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann in die Arme. Und zwar mit Inbrunst. Kein distanzierter Handschlag oder ein Schulterklopfen, sondern feste Umarmung unter Freunden. Rösler dabei geschniegelt im Anzug - der seit bald einem Jahr zu Studien ins Silicon Valley ausgewanderte Diekmann im Nerd-Look. Bart, Jeans, Lederbändchen am Handgelenk, graues Schlabbershirt und Turnschuhe.

Im Netz sorgen die Bilder dieser Begegnung seitdem für beachtliche Resonanz. Negative Resonanz, um genauer zu sein. Denn die physische Nähe zwischen Rösler und Diekmann lässt sich zu leicht als Kumpanei zwischen Politik und Medien deuten. "Diekmann, Rösler, wo soll das enden?", schreibt ein Twitter-User. Auch die Stern-Journalistin Laura Himmelreich twitterte Unbehagen, "das beste Beispiel für journalistische Distanz" hieß es im Blog des NDR-Magazins extra3.

Dieses Foto von Rösler (laut Bild: "der coole Minister") und Bild-Chef Diekmann löst großes Befremden in mir ausstern.de/politik/deutsc…

Auch der Text, den sie anschließend für stern.de verfasst, findet viel Beachtung. In ihrer Sichtweise, ist das Bild der beiden Männer ein Beleg dafür, "dass die 'Bild' jeden Anspruch aufgegeben hat, kritisch und distanziert über Politiker zu berichten und weil es zeigt, wie sich der Vize-Kanzler mit ein paar hübschen Schlagzeilen instrumentalisieren lässt."

Auch Welt.de nimmt sich des Themas an. "Wer berät eigentlich diesen Vize-Kanzler?", lästert dort Ulf Poschardt und stellt die Professionalität des FDP-Chefs infrage. Zum Kontrast zeigt er noch ein Bild von Außenminister Guido Westerwelle im "staatstragenden" Polohemd. Eine Agentur für Imageberatung nahm den Ball dankend auf.

Wer berät eigentlich diesen Vizekanzler? Augenscheinlich niemand. Ein Anruf von Herrn Rösler würde uns freuen... fb.me/1x5AYg82B

Neben der Debatte in den Medien lieferten sich auch Facebook-Nutzer in den Kommentarspalten unterhalb der Buddy-Bilder heiße Diskussionen. "Gute Nacht, deutscher Journalismus", hieß es da etwa. Manch einer sieht seine schlimmsten Vorurteile bestätigt. Nämlich dass, Spitzenpolitik und Spitzenmedien eben doch unter einer Decke stecken. So wie in der Sat1-Satire "Der Minister" über Karl-Theodor zu Guttenberg und dessen Verbrüderung mit der Boulevard-Presse.

So bricht nun erneut eine Diskussion über das Verhältnis von Politik und Medien los. Sie stößt gewissermaßen auf bestellten Boden. Denn schon die Affäre um den zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff hat das Bild dieser Beziehung geprägt. Unter anderem wurde Wulff auch sein Anruf bei eben jenem Kai Diekmann (Bin gerade auf dem Weg zum Emir) zum Verhängnis. Seitdem ist es quasi Allgemeingut, dass Politiker, die die Nähe des Blattes suchen, mit der "Bild im Fahrstuhl noch oben, aber auch wieder nach unten fahren." Bis jetzt ist "Bild" mit Rösler freilich sehr wohlwollend ("Mr. Cool") umgegangen.

Auf einem Foto-Blog umarmt Rösler jetzt das Böse

Für Twitter-Rekorde sorgte bei aller ernsthaften Diskussion jedoch ein ironisch-gemeiner Tumblr-Blog. Unter dem Titel "Philipp Rösler umarmt das Böse" zeigt er zunächst das so heiß diskutierte Umarmungsbild. Rösler legt er dazu den Text "Kai, wie geil! Ich freu mich voll!" in den Mund. Darunter zeigt er satirisch abgewandelte Neuinterpretationen des Fotos, indem er das Gesicht Diekmanns mit Konterfeis von Bösewichten ersetzt. Hannibal Lecter aus dem "Schweigen der Lämmer" etwa. Alternativ sind Kim Jung Un oder Simpson-Ekel Montgomery Burns. Die Reaktionen bei Twitter fielen euphorisch aus.

Auf der Website des bayerischen Grünen-Politikers Thomas Pfeiffer findet sich derweil ein anderes Angebot für einen humorigen Umgang mit dem Phänomen Rösler-Diekmann. Dort sind im Buddy-Bild zwei Sprechblasen eingebaut. Besucher seiner Website können darin den beiden Männern einen eigenen Text in den Mund legen und dann an Freunde verschicken.

Dass das Thema auch im Wahlkampf eine Rolle spielen könnte, zeigt eine Reaktion aus dem Lager der Piraten.

Ich habs jetzt das siebte mal bekommen, das Ding wird gerade viral: twitter.com/incredibul/sta… #fdp #bild #rösler #dieckmann

Update, 24. Mai, 10.21 Uhr:

Kai Diekmann hat auf seine ihm eigene Weise reagiert. Auf einem neuen Foto-Blog zeigt er sich beim Umarmen in Serie. Die Bilder erwecken nahezu den Anschein, dass er auf der Straße alles in die Arme schloss, was sich ihm in den Weg stellte. Name des Blogs: "HugKai", zu deutsch "Umarme Kai".

(pst)
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