Neuer Regierungsflieger kurz vor Fertigstellung Ein gebrauchter Airbus für die Kanzlerin

Hamburg · Er steht kurz vor der Fertigstellung als Regierungsmaschine: Ein gebrauchter Airbus A321 soll im September an die Flugbereitschaft der Bundesregierung übergeben werden. Darin fliegen soll unter anderem die Kanzlerin.

Airbus A321: Letzter Schliff für den neuen Regierungsflieger
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Letzter Schliff für den neuen Regierungsflieger

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Foto: dpa/Axel Heimken

Die Startphase der neuen Bundesregierung war auch für die Flugbereitschaft der Bundeswehr eine Herausforderung. Alleine Außenminister Heiko Maas hat in seinen ersten 100 Tagen rekordverdächtige 118.000 Flugkilometer zurückgelegt - drei Mal um die Welt. Kanzlerin Angela Merkel hatte nach der Hängepartie bei der Regierungsbildung außenpolitischen Nachholbedarf und war unter anderem in China, den USA, Russland und beim G7-Gipfel in Kanada. Hinzu kam die ein oder andere Antrittsreise der Kabinettsneulinge Olaf Scholz (Finanzen) oder Peter Altmaier (Wirtschaft) sowie Truppenbesuche von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.

Da kommt die Luftwaffe mit ihren acht VIP-Maschinen für Regierungsflüge schon mal an ihre Grenzen. Das liegt auch daran, dass für Reisen der Kanzlerin oder des Bundespräsidenten Ersatz-Flieger bereitstehen müssen - für den Fall einer Panne. Und der tritt immer wieder ein: Zuletzt verzögerte sich Ende Juni eine Weißrussland-Reise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, weil er wegen eines Hydraulikschadens kurz vor dem geplanten Abflug umsteigen musste.

Es kann also vorkommen, dass die Bundeswehr den Reisebedarf der Regierung und des Bundespräsidenten nicht alleine decken kann. So musste Außenminister Maas ausgerechnet zu einem seiner wichtigsten Termine in den ersten Monaten seiner Amtszeit, zur Wahl Deutschlands in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, Linie nach New York fliegen.

Jetzt soll aber alles besser werden. Die Vielflieger der Regierung bekommen Verstärkung. In der Werft der Lufthansa Technik am Hamburger Flughafen wird seit eineinhalb Jahren ein Airbus A321 für die Regierung aufgemöbelt. Tests laufen gerade. Ende August soll die zivile Zulassung vorliegen, und im September wird die Maschine an die Bundeswehr übergeben.

Mit der A321 erhält die Kanzlerin einen Secondhand-Flieger. Die Maschine gehörte seit dem Jahr 2000 zur Flotte der Lufthansa, unter dem Städtenamen „Neustadt an der Weinstraße“. Noch ist die neue Lackierung mit dem Schriftzug „Bundesrepublik Deutschland“ und den Nationalfarben nicht aufgetragen, das ist einer der letzten Umbauschritte.

Warum kauft die Regierung ein gebrauchtes Flugzeug? „Das ist kostengünstiger und damit besser für den Steuerzahler“, sagt Hauptmann Dieter Brakonier, der das Projekt für das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr betreut. Genaue Zahlen werden nicht genannt, aber ein dreistelliger Millionenbetrag dürfte für die neue Regierungsmaschine allemal fällig werden.

Das Koblenzer Amt hat sich unter mehreren Flugzeugen für die A321 entschieden, weil sie top gepflegt war. „Wir hatten das Flugzeug durchgehend in der Wartung, und es ist wie bei einem Auto: Entscheidend ist nicht das Alter, sondern die Pflege“, sagt Lufthansa-Projektleiter Harald Pries.

Die Spezialisten bei der Lufthansa Technik haben den Airbus vollständig überholt und modernisiert, das zulässige Startgewicht um vier Tonnen erhöht und den Innenraum komplett neu ausgestattet. „Die Maschine enthält rund 180 Modifikationen, die zum Teil einzeln zugelassen werden müssen“, erläutert Pries. Das erklärt auch die lange Liegezeit in der Werft.

Für die Lufthansa Technik ist ein Regierungsflieger nicht gerade Routine - aber auch keine neue Herausforderung. Die Hamburger Werft ist führend bei der Ausstattung von VIP-Flugzeugen für reiche Geschäftsleute, Unternehmen und Regierungen und betreut seit jeher die Maschinen der Flugbereitschaft. Allein in Hamburg arbeiten mehr als 1000 Fachkräfte in diesem Bereich, weitere 450 an anderen Standorten.

Der Regierungsflieger wird künftig bis zu 84 Passagiere befördern, davon 14 im vorderen VIP-Bereich, wo Kanzlerin oder Minister mit ihren engsten Mitarbeitern sitzen. 70 Plätze sind für die offizielle Delegation, Sicherheitsbeamte vom Bundeskriminalamt, Journalisten und Gäste aus Wirtschaft, Kultur oder anderen gesellschaftlichen Bereichen vorgesehen.

Damit ist die Platzaufteilung recht geräumig. Als reguläre Linienmaschine befördert eine A321 in der Regel rund 200 Fluggäste. Luxus aber gibt es nicht; die Bestuhlung im Delegationsbereich entspricht der Klasse Economy plus. Es gibt - im Gegensatz zu anderen Regierungsfliegern - noch nicht einmal eine Dusche. Gedacht ist die Maschine mit einer Reichweite von rund 5000 Kilometern vor allem für den Einsatz auf der Mittelstrecke im europäischen Raum, doch auch Nordamerika wäre noch erreichbar.

Die Flugbereitschaft des Verteidigungsministeriums hält bislang an den Standorten Köln-Wahn und Berlin-Tegel insgesamt 16 Flugzeuge und Hubschrauber bereit. Acht davon werden in der Regel für Regierungsreisen genutzt: Zwei Airbus A340 für Langstreckenflüge bis 15 000 Kilometer mit 143 Plätzen; zwei Mittelstreckenflieger Airbus A319 mit 44 Plätzen und einer Reichweite von 7600 Kilometern; vier kleine Bombardier Global 5000 mit 13 Plätzen und einer Reichweite von 9000 Kilometern. Hinzu kommen drei Cougar-Hubschrauber für kurze Strecken innerhalb Deutschlands und fünf ältere Airbus A310, die für Regierungsflüge aber kaum noch genutzt werden, sondern eher als Truppentransporter.

Zusammen leisten die Flieger durchschnittlich 2500 Flüge im Jahr. Zum Schutz der obersten Repräsentanten des Staates sind in den Maschinen auch militärische Komponenten installiert, Abwehrsysteme und Kommunikationstechnik. Die Einzelheiten bleiben geheim.

In einigen Wochen wird der neue Regierungsflieger seine militärische Zulassung erhalten und dann wohl im November seinen Dienst aufnehmen. Eine Idee für einen Namen gibt es auch schon: Hans Dietrich Genscher, der in seinen 18 Jahren als Außenminister besonders viel unterwegs war. Es ist aber noch nicht klar, ob der Vorschlag realisiert wird. Bisher tragen nur die Großraum-Flieger Namen. Die beiden A340 sind nach dem ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss und dem ersten Bundeskanzler Konrad Adenauer benannt.

(das/dpa)
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