Urteil Bundessozialgericht Ein-Euro-Job mit 30 Wochenstunden zumutbar

Kassel (RPO). Langzeitarbeitslose müssen auch Ein-Euro-Jobs mit Arbeitszeiten von 30 Wochenstunden antreten. Lehnen Hartz-IV-Empfänger ab, kann ihnen das Arbeitslosengeld II um 30 Prozent gekürzt werden, wie das Bundessozialgericht in Kassel urteilte. Damit wies das Gericht die Klage eines Ingenieurs aus Bayern ab, der einen Ein-Euro-Job in diesem Umfang als unzumutbar abgelehnt hatte. Er sollte vier Monate lang für 1,50 Euro Stundenlohn als Gemeindearbeiter tätig sein.

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Foto: ddp

Das Bundesarbeitsgericht erklärte, Arbeitsgelegenheiten seien Eingliederungsleistungen, um den Arbeitslosen zu fördern und ihn später wieder in Lohn und Brot zu bringen. Die Ein-Euro-Jobs müssten dabei allerdings erforderlich und angemessen sein. Dann sei eine 30-stündige Arbeitszeit pro Woche möglich.

Der Kläger, ein zu dem Zeitpunkt rund vier Jahre arbeitsloser Ingenieur für Kunststoffe aus dem Raum Augsburg, trat den ihn angebotenen Ein-Euro-Job nicht an. Die Behörden kürzten ihm deshalb sein Arbeitslosengeld II für drei Monate um 30 Prozent, statt der Regelleistung von 345 Euro monatlich erhielt er nur noch 241,50 Euro.

Kläger sieht Maß des Zulässigen überschritten

Der 1950 geborene Kläger legte Widerspruch ein. Die angebotene Tätigkeit überschreite mit ihrem Umfang von 30 Wochenstunden das Maß des Zulässigen, argumentierte er. Auch sei er körperlich nicht zu dem Job als Gemeindearbeiter in der Lage. Zudem habe er zu dem Zeitpunkt des Angebots eine geringfügige Beschäftigung aufgenommen, die ein hohes Maß an Flexibilität verlangte, erklärte der Ingenieur, der inzwischen wieder unbefristet beschäftigt ist.

Die ihn betreuende Arbeitsgemeinschaft wies den Widerspruch zurück und der Fall kam vor Gericht. Während das Sozialgericht Augsburg die Klage des Ingenieurs zurückwies, gab ihr das Landessozialgericht statt und verurteilte die Arbeitsgemeinschaft, dem die volle Regelleistung zu bezahlen. Das Landessozialgericht befand, eine 30-Stunden-Tätigkeit sei unzumutbar. Sie reiche bereits nahe an eine Vollzeittätigkeit heran, wodurch sich auch eine unzumutbare Konkurrenz zum Arbeitsmarkt ergeben könne. Auch hindere eine derart umfangreiche Tätigkeit Arbeitslose daran, sich um einen regulären Arbeitsplatz zu bemühen.

Das Bundessozialgericht konnte dagegen auch bei einem Ein-Euro-Job in diesem Ausmaß keine Verdrängung regulärer Arbeitsplätze feststellen. Denn nicht der Umfang, sondern nur die Art der Arbeit könnten reguläre Arbeitsplätze verdrängen, erklärte das Gericht. Den konkreten Fall verwies der Senat an das Bayerische Landessozialgericht zurück. Dort müsse noch genau geklärt werden, um welche Tätigkeit es bei dem Ein-Euro-Job genau ging und ob dem Kläger eine Rechtsfolgenbelehrung bei Ablehnung der Maßnahme mitgeteilt worden ist.

Möbel-Unterstellplatz muss bezahlt werden

In einem anderen Fall bekam dagegen ein Hilfebedürftiger Recht. Das Bundessozialgericht entschied, dass Wohnsitzlose für ihre Möbel einen Unterstellplatz anmieten dürfen, den die Arbeitsgemeinschaft dann bezahlen muss. Die Kosten müssten jedoch angemessen sein. Es sei unwirtschaftlich, von Obdachlosen zu verlangen, sich von ihrem Mobiliar zu trennen. Die Kostenübernahme hänge jedoch auch davon ab, was eingelagert wird. Wenn jemand kistenweise Micky-Maus-Hefte, Bierdeckel oder Antiquitäten sammele, könne nicht erwartet werden, dass die Unterstellkosten bezahlt würden, befand das Gericht.

(AP)
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