Corona-Gesetz passiert Bundesrat Ein einstimmiger Beschluss nach hartem Ringen

Analyse | Berlin · Nach heftiger Kritik an den neuen Anti-Corona-Plänen der Ampel-Parteien hat der Bundesrat am Freitag sein Ok gegeben. Ohne Gegenstimme konnte das Gesetz die Länderkammer passieren. Doch die einhellige Zustimmung kann nicht über den Missmut hinwegtäuschen. Im Gegenteil, die Kritik wurde erneuert.

 NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (r., CDU) stimmte am Freitag im Bundesrat für das geänderte Infektionsschutzgesetz.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (r., CDU) stimmte am Freitag im Bundesrat für das geänderte Infektionsschutzgesetz.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Am Ende gingen 16 Arme nach oben: einstimmiger Beschluss. Ein so klares Votum der Länderkammer für das nachgebesserte Infektionsschutzgesetz hatte wohl kaum jemand erwartet. Schließlich waren die vergangenen Tage von Streit geprägt. Streit darüber, wie es im Kampf gegen die heillos aus dem Ruder gelaufene vierte Corona-Welle weitergehen soll. Unterschwellig aber auch darüber, wer im Übergang zwischen alter und neuer Bundesregierung das Sagen hat und wer die eigene Position durchsetzen kann. Umso erstaunlicher war das einstimmige Ja zum neuen Gesetz, zu dem sich der Bundesrat am Freitag schließlich durchringen konnte.

Dabei hatten die unionsgeführten Länder ursprünglich damit gedroht, das Gesetz im Bundesrat zu blockieren. Ihr zentrales Argument: Das geplante Auslaufen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite sei der Lage nicht angemessen und der neue „Instrumentenkasten“ schränke die Möglichkeiten der Länder im Kampf gegen die vierte Welle zu stark ein. SPD, Grüne und FDP hingegen wollen die epidemische Lage zum 25. November auslaufen lassen und das Parlament wieder stärker in die Pandemiepolitik einbinden. Trotz der verhärteten Fronten zeichnete sich nach den Bund-Länder-Beratungen am Donnerstag bereits ein Kompromiss ab. Eine Öffnungsklausel ermöglicht es den Ländern, auch künftig weitergehende Schritte zu gehen, wenn die jeweiligen Landesparlamente zustimmen. Zudem soll das Gesetz bereits in drei Wochen, bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 9. Dezember, evaluiert werden. Halten die Maßnahmen der Überprüfung nicht stand, soll nachgebessert werden. Ein pikanter Aspekt dabei: Die Evaluierung könnte genau in die Woche fallen, in der Olaf Scholz (SPD) zum neuen Kanzler gewählt wird. Er könnte das erste Gesetz seiner neuen Regierung also kurz nach seiner Wahl schon verschärfen müssen.

Trotz der Annäherung zwischen Ampel-Parteien und Union wirkte die Vorgeschichte auch am Freitag im Bundesrat noch nach. So erneuerten die Ministerpräsidenten der unionsgeführten Länder ihre Kritik an Gesetz und Verfahren. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte, es sein „kein guter Stil“ gewesen, dass man 14 Tage habe ringen müssen, um zu einer gemeinsamen Bund-Länder-Beratung zu kommen. Wüst beschrieb die Lage als „so ernst wie nie zuvor“. Der Föderalismus müsse sich in dieser besonderen Notlage bewähren. „Die Menschen haben zu Recht kein Verständnis für parteipolitisches Hickhack in einer so ernsten Situation“, so der NRW-Regierungschef. Und Hessens Regierungschef Volker Bouffier (CDU) kritisierte das Auslaufen der epidemischen Lage als „falschen Beschluss“ und  „fatales Signal“ an die Bevölkerung. Das Festhalten der Ampel-Parteien an ihrer Entscheidung sei „nicht nur sachlich falsch, sondern auch völlig unsouverän“, kritisierte Bouffier. Auch wenn man das neue Gesetz in der Grundlinie ablehne, stimme man zu. Denn noch schlechter wäre es, ohne juristische Grundlage dazustehen und sich am Ende gegenseitig Vorwürfe zu  machen, argumentierte Bouffier.

Ganz anders klang Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der den konstruktiven Umgang bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag lobte. Man habe die klare Bereitschaft gezeigt, dass man sich der gemeinsamen Herausforderung auch gemeinsam gegenüberstelle, und gezeigt, „dass wir nicht nur zusammenarbeiten müssen, sondern auch zusammenarbeiten wollen“, sagte Weil in der Länderkammer. Das neue Gesetz gebe den Ländern „das notwendige Instrumentarium, mit dem wir weiter intensiv und sehr konsequent gegen die Pandemie kämpfen werden“, sagte der SPD-Ministerpräsident. Im konkreten Fall ist der Streit mit dem einstimmigen Beschluss nun beigelegt. Dennoch zeigt das Verfahren, an welche Hürden auch künftige Gesetzesvorhaben der Ampel-Parteien stoßen können und wie schwierig die Mehrheitsbildung im Bundesrat werden kann.

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