De Maiziere stellt Integrationsprogramm vor "Ein Beitrag zur Sachlichkeit"

Berlin (RPO). Bundesinnenminister Thomas de Maiziere hat am Mittwoch ein bundesweites Integrationsprogramm vorgestellt. Darin finden sich Hinweise, Vorschläge und jede Menge Fakten. De Maiziere geht es darum, die aufgeheizte Debatte zu versachlichen. Die Probleme in der Bundesrepublik seien in weniger als zehn Jahren lösbar, hieß es bei der Vorstellung des Berichts.

Jeder Fünfte in Deutschland hat Migrationshintergund
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Foto: RP/Anja Tinter

Etwa zehn bis 15 Prozent der Menschen in Deutschland mit ausländischem Hintergrund seien integrationsunwillig, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch. Sie verweigerten etwa die Teilnahme an Integrationskursen, schotteten sich ab oder lehnten den deutschen Staat ab. "Das ist im internationalen Vergleich durchaus eine Zahl, die nicht so schlecht ist. Zum ganzen Bild gehören aber auch die anderen 90 Prozent", sagte de Maiziere. Eine Kindergartenpflicht lehnte der Minister ab, schlug aber vor, eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis von der Teilnahme an einem Integrationskurs abhängig zu machen.

Der Präsident des Bundesamtes für Migration, Albert Maximilian Schmid, warf dem Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin wegen dessen Thesen zur Ausländerintegration Stimmungsmache vor. "Mich ärgert, dass Probleme benannt werden, ohne dass Lösungen beschrieben werden", sagte Schmid. "Das schafft Angst." Die Probleme seien aber lösbar. "Das ist machbar in weniger als einer Dekade", sagte Schmid. Auch Sarrazins Annahmen zur Demografie und zur Zahl der Muslime in Deutschland zeugten von der "Stimmungsmache dieses Papiers".

De Maiziere und Schmidt stellten das "Bundesweite Integrationsprogramm" vor. Darin hat das Bundesamt für Migration auf 200 Seien die Integrationsangebote zusammengetragen und Vorschläge für ihre Weiterentwicklung gemacht.

De Maiziere machte klar, dass der Auftrag dafür Jahre zurückliege und dass dies keine Reaktion auf den Wirbel um die Sarrazin-Äußerungen sei. Der Berliner Ex-Finanzsenator steht in der Bundesbank wie auch in der SPD vor dem Rauswurf. Buchautoren und andere hätten die Aufgabe, den Finger in die Wunde zu liegen, sagte de Maiziere: "Eine Regierung ist dazu da, Probleme zu beschreiben und zu lösen und nicht verbal zu verstärken."

Größte Herausforderung ist nach seinen Worten die Sprache. Etwa 1,1 Millionen Erwachsene aus Drittstaaten beherrschten nicht ausreichend Deutsch. Die allgemeinbildenden Schulen verließen 6,2 Prozent der Deutschen ohne Abschluss. Bei den Ausländern seien es mit 15 Prozent mehr als doppelt so viele. Wichtigstes Instrument für den Bund seien die Integrationskurse, in denen 600 Stunden Deutsch unterrichtet würden und in 45 Stunden über Recht und die Kultur informiert werde. Seit ihrer Einführung 2005 hätten daran rund 600.000 Menschen teilgenommen. Zudem sieht das Programm unter anderem vor, künftig mehr Lehrer mit Migrationshintergrund einzustellen.

De Maiziere warnte davor, Religion vorschnell als Ursache mangelnder Integration auszumachen. Im Rahmen der Islamkonferenz diskutieren die Muslime, ob etwa die Gleichbehandlung der Frauen eine Frage der Kultur oder des Islam sei. "Die christlichen Kirchen haben das auch sehr lange diskutiert in Europa", sagte der Minister. Ein Teil der Muslime sage, für einen Krieg könne sich niemand auf den Islam berufen. "Die Debatte ist richtig, sie findet im Islam statt", sagte de Maiziere. "Einfach das Ergebnis vorwegzunehmen und zu behaupten, das ist in Wahrheit ein Religionsproblem, das halte ich allerdings für grundfalsch."

Nach Einschätzung des Ministers hat es in der Vergangenheit Versäumnisse auf allen Ebenen gegeben, indem Integration auf die leichte Schulter genommen worden sei. Damit sei seit vier bis sechs Jahren Schluss. Problematisch seien weder die ganz frühen Zuwanderer noch die Migranten seit den 90er Jahren, sondern die Generation dazwischen. "Da ist im Grunde zwei Jahrzehnte nichts oder zuwenig gemacht worden", sagte de Maiziere. Diese "nachholende Integration" sei die eigentliche Herausforderung.

(RTR/pst)
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