Edathy-Ausschuss So wirkt sich Hartmanns Schweigen aus

Berlin · Die Ermittler im Edathy-Untersuchungsausschuss sind in einer Sackgasse angekommen. Wer hat wann welche Informationen weitergegeben im Fall Edathy und sich dabei möglicherweise strafbar gemacht? Schon eher beantworten lässt sich die politische Frage: Wem nutzt der Stillstand, und wem schadet er?

 Michael Hartmann schweigt im Fall Edathy.

Michael Hartmann schweigt im Fall Edathy.

Foto: dpa, gam hpl

Zu den Verlierern zählt der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann. Mit seiner Weigerung, vor dem Ausschuss auszusagen, lässt er die ohnehin schon starken Zweifel an seiner Rolle noch einmal wachsen. Zu den Verlierern zählt außerdem der Untersuchungsausschuss selbst, dem mit Hartmann ausgerechnet jener Zeuge abhanden kam, der noch am ehesten Licht in das Dunkel bringen könnte. Die Nutznießer sind an der SPD-Spitze zu finden: Sie haben nun mehr Zeit gewonnen, ihre eigene Rolle in der Affäre zu erklären.

Der Reihe nach: Um Hartmann ist es einsam geworden, auf seine politische Karriere würde in Berlin niemand mehr wetten. Die SPD-Fraktion fordert ihn zwar nicht zum Mandatsverzicht auf, verteidigt ihn aber auch nicht. "Das muss Michael Hartmann selbst alles beantworten", sagte die Ausschussvorsitzende Eva Högl (SPD) am Freitag im Deutschlandfunk. Unterstützung hört sich anders an.

Hat Hartmann Strafvereitelung begangen?

Sein Fall ist jetzt in den Händen der Justiz: Sollte Hartmann seinen damaligen Fraktionskollegen Sebastian Edathy wirklich vor Kinderporno-Ermittlungen gewarnt haben, könnte dies den Tatbestand der Strafvereitelung erfüllen. Außerdem steht der Verdacht der uneidlichen Falschaussage im Raum, weil Hartmann vor dem Ausschuss bestritt, Edathy informiert zu haben. Edathy behauptet dies aber, und mehrere Zeugen bestätigen es.

Im Untersuchungsausschuss steht nun weiterhin Aussage gegen Aussage, ohne dass sich daran bis auf weiteres etwas ändern wird. "Ich weiß nicht, ob wir die Wahrheit rausbekommen, aber wir versuchen es", sagte Högl. "Jetzt sind wir in einer Sackgasse", stellte der Linken-Abgeordnete Frank Tempel fest. Hartmann könnte viel zur Klärung beitragen, will dies aber nicht tun, solange die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen ihn prüft.

Hartmanns Schweigen bewahrt die SPD-Spitze einstweilen vor unangenehmen Fragen. Unbestritten ist, dass die Spitzen von Partei und Fraktion frühzeitig über den Verdacht gegen Edathy informiert waren. Unklar ist, ob Informationen von Spitzen-Genossen an Edathy flossen. So steht etwa die Frage im Raum, ob Hartmann derartige Informationen von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann erhalten haben könne und diese dann an Edathy weitergab. Oppermann bestreitet dies, Hartmann schweigt.

Mit dem Ausfall des Zeugen Hartmann ist der Fokus der Aufklärungsarbeit zunächst einmal von der SPD-Führung abgerückt. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen Union und SPD beschloss der Ausschuss, sich nun erst einmal dem Fall eines BKA-Beamten zuzuwenden, der auf derselben Kundenliste eines kanadischen Pornoversands stand wie Edathy.

Die Oppositionsfraktionen Grüne und Linke hätten lieber weitere Zeugen aus der Politik vernommen, konnten sich damit aber nicht durchsetzen. Sie werfen den Regierungsfraktionen vor, den Ausschuss nun auf Nebenschauplätze zu führen.

(AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort