Steinmeier kündigt Kampf an Duell der Ex-Partner im Bundestag

Berlin (RPO). Um 12.02 Uhr mittags ging der frühere Chefdiplomat zum Angriff über. "Union und FDP, da sitzt es nun das selbst ernannte Traumpaar der deutschen Politik", höhnte der SPD-Fraktionschef und Ex-Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Dienstag im Bundestag unter dem Jubel der sozialdemokratischen Abgeordneten. Unmittelbar davor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der ersten Regierungserklärung seit ihrer Wiederwahl allen gesellschaftlichen Gruppen - einschließlich der Opposition - eine "faire und vertrauensvolle" Zusammenarbeit angeboten.

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Rund zwei Wochen nach Amtsantritt der neuen Bundesregierung lieferten sich die ehemaligen Bündnispartner Merkel und Steinmeier das erste Rede-Duell im Parlament. Steinmeier wies Merkels symbolisch ausgestreckte Hand zurück und sagte der schwarz-gelben Koalition den Kampf an. Die neue Bundesregierung stehe für eine falsche Politik "und die werden wir bekämpfen", stellte der neue Oppositionspolitiker klar. Merkel unterhielt sich derweil mit seinem Nachfolger, Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP), auf der Regierungsbank.

Gesundheitsreform kappe Solidarprinzip

Steinmeier monierte: "In diesem Koalitionsvertrag ist soziale Spaltung angelegt." In einem halbstündigen Angriffsstakkato rechnete der ehemals zurückhaltende Außenminister mit der erst frisch ernannten Bundesregierung ab. Die Steuersenkung auf Pump spalte diese und die kommende Generation, die geplante Gesundheitsreform lege die Axt ans Solidarprinzip und mit der Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke werde ein alter Gesellschaftskonflikt wieder entzündet, prophezeite er. Statt einer Konjunkturpolitik werde eine Klientelpolitik betrieben mit Geschenken an Steuerberater, Erben und Hotelketten.

Merkel gab sich in ihrer einstündigen Regierungserklärung präsidial und rief alle Bürger zur Zusammenarbeit für Deutschland auf. Deutschland könne unter dem Leitbild "Freiheit in Verantwortung" zu neuer Stärke geführt werden, sagte sie. Zugleich kündigte sie an, dass die Bürger die "volle Wucht" der Krisenfolgen im nächsten Jahr zu spüren bekommen werden. Die Probleme würden zunächst schlimmer, bevor die Lage sich verbessere. Die Kanzlerin sagte: "Deutschland steht vor einer Bewährungsprobe wie seit der deutschen Einheit nicht mehr."

Alle gesellschaftlichen Gruppen seien gefordert, mahnte sie. Merkel verwies dabei auf die "dienende Funktion" des Finanzsektors gegenüber der Gesellschaft, lobte die Mitbestimmung auf dem Arbeitsmarkt und forderte die Länder auf, in der Bildungspolitik ihren Beitrag zu leisten. In der Gesundheitspolitik verteidigte sie die vorgesehene Gesundheitsreform. Den größten Jubel in den Reihen der Regierungsparteien erntete sie, als sie die FDP-Forderung nach einem neuen Steuersystem - "einfach, niedrig und gerecht" - wiederholte.

"Das Land braucht uns alle"

Merkel versicherte: "Wir werden am Ende nicht weniger Solidarität, sondern mehr Solidarität haben." Mit Verweis auf die deutsche Einheit und den Aufbau des Landes nach dem Zweiten Weltkrieg sagte sie: "Wir haben schon ganz andere Aufgaben gemeistert." Aber alle Bürger müssten mitmachen. "Das Land braucht uns alle."

Steinmeier warf der Kanzlerin vor, in ihrer Rede erneut Auskunft darüber verweigert zu haben, wie die Steuersenkungen finanziert werden sollten. Dies sei keine Regierungserklärung, sondern ein Regierungsrätsel, rief er. Die Operation "Täuschen, Tricksen, Vernebeln" werde aber scheitern. Denn diese Politik werde große Löcher in die Haushalte reißen. Am Ende bleibe für die Bürger "weniger Netto vom Brutto". "In dieser Regierung steckt der Wurm drin", resümierte er.

Daher habe die Koalition ihre schönsten Tage schon hinter sich und werde nicht zum Traumpaar, sondern zum "Traumtänzerpaar". Innerhalb einer halben Stunde war aus dem Regierungsbeamten Steinmeier ein Oppositionsführer geworden.

(DDP/top)
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