Diskussionen um Entlastungspaket Druck auf Bundesregierung steigt vor Kabinettsklausur

Berlin · An diesem Dienstag und Mittwoch treffen sich die Mitglieder der Bundesregierung zur Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg. Eines der Themen: Wie man mit der Energiekrise umgehen will und welche Entlastungen es braucht. Erste konkrete Vorschläge liegen auf dem Tisch.

 Bundeskanzler Olaf Scholz (M, SPD), Robert Habeck (l, Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Christian Lindner (r, FDP), Bundesminister der Finanzen, beim letzten Treffen auf Schloss Meseberg im Mai.

Bundeskanzler Olaf Scholz (M, SPD), Robert Habeck (l, Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Christian Lindner (r, FDP), Bundesminister der Finanzen, beim letzten Treffen auf Schloss Meseberg im Mai.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat vor der Kabinettsklausur an diesem Dienstag und Mittwoch auf Schloss Meseberg den druck auf die Bundesregierung erhöht, schnell für Entlastungen der Bürger zu sorgen. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte unserer Redaktion: „Die Ampel muss sich mit Blick auf die rasant steigenden Energiekosten rasch auf ein spürbares Entlastungspaket verständigen. Den Schwerpunkt müssen die niedrigen und mittleren Einkommen bilden“, sagte er. „Sie werden erhebliche Schwierigkeiten haben, ihre Energiekosten im Herbst und Winter zu finanzieren. Die Entlastung muss unbürokratisch und schnell umgesetzt werden, am besten mit einer zeitlich befristeten Zulage für niedrige und mittlere Einkommen“, so Landsberg.

Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann wollte Beschlüsse zu einem dritten Entlastungspaket bei der Kabinettsklausur in Meseberg am Dienstag und Mittwoch nicht ankündigen. Die Gespräche darüber liefen in der Ampel-Koalition „wirklich mit großer Intensität“, sagte sie. Ergebnisse der Beratungen zum Entlastungspaket werden insbesondere aus den Ländern in der kommenden Woche erwartet. Grund ist auch, dass später in dieser Woche noch die Ampel-Bundestagsfraktionen zu Klausuren zusammenkommen. Die FDP-Bundestagsfraktion tagt am Donnerstag und Freitag in Bremen. Die Grünen-Fraktion hält ihre Klausurtagung von Dienstag bis Donnerstag in Potsdam ab. Und die SPD tagt ab Donnerstag in Dresden. Aus den Reihen der sozialdemokratischen Abgeordneten hatte es jedoch bereits sehr konkrete Vorschläge für ein weiteres Entlastungspaket gegeben.

So werden in einer Beschlussvorlage für die Fraktionsklausur insbesondere Entlastungen für niedrige und mittlere Einkommen über Direktzahlungen, eine Preisbremse für einen Grundbedarf bei Energie sowie ein bundesweites Verkehrsticket von 49 Euro pro Monat vorgeschlagen. Zudem wird für Mieterinnen und Mieter ein sechsmonatiger Kündigungsschutz bei nicht bezahlten Betriebskostennachzahlungen ins Gespräch gebracht.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) begrüßte die Pläne der SPD-Fraktion grundsätzlich. Die Bundesregierung nehme „solche Vorschläge gerne auf“, sagte er dem Nachrichtensender Welt. „Mir ist wichtig, dass wir sehr gezielt vorgehen, dass wir den Menschen helfen, die jetzt wirklich Sorgen haben müssen.“ Er verwies dabei auf „knappe Mittel“. Wie groß der Spielraum für Entlastungen sei, hänge von der Entwicklung der Steuereinnahmen ab.

Wesentlich wird es auch um die Gasumlage gehen, die Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Aussicht stellte. Mit der Korrektur soll verhindert werden, dass von dieser Abgabe der Privathaushalte und Industrie auch Unternehmen profitieren, die dies wirtschaftlich nicht benötigen. Die energiepolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Nina Scheer, sagte vor den Beratungen der Koalitionsmitglieder: „Im Ergebnis muss die gesetzlich angelegte Reihenfolge eingehalten werden. Danach sind zunächst staatliche Direkthilfen zu prüfen; erst in zweiter Linie kommt eine Unterstützung über die Preisanpassung in Betracht“, forderte sie. „Daraus folgt auch, dass zu stützende Unternehmen auf entsprechende Maßnahmen angewiesen sein müssen. Ich erwarte, dass an einer entsprechenden Klärung derzeit im Bundeswirtschafts- und Klimaministerium gearbeitet wird“, sagte Scheer. Auch bei den Direktzahlungen sieht sie Handlungsbedarf, etwa beim Energiegeld. „Das Energiegeld muss besonders Familien und Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen sowie Rentenbeziehende, aber auch Arbeitslosengeldempfänger, Studierende und Auszubildende erreichen“, sagte Scheer. „Hier erwarte ich einen an die Steuer-ID und das Einkommen geknüpften kurzfristigen Vorschlag des Bundesfinanzministeriums.“

Vom Städte- und Gemeindebund kam ebenfalls die Forderung zielgerichteter Maßnahmen. „Die Regierung sollte deutlich machen, dass wir alle Wohlstandsverluste hinnehmen müssen und der Staat nicht alles ausgleichen kann“, sagte Hauptgeschäftsführer Landsberg. „Eine Verteilung der Finanzmittel nach dem Gießkannenprinzip wäre falsch. Die Kommunen werden ihren Beitrag leisten, um Energie einzusparen, wo es möglich und vertretbar ist.“ Vieles sei bereits auf den Weg gebracht. „Aber es gibt natürliche auch klare Grenzen, denn stockdunkle Städte will im Herbst und Winter niemand“, so Landsberg.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spielte unterdessen die Differenzen in der Ampel-Koalition herunter. „Wir arbeiten sehr eng und sehr gut zusammen“, sagte er am Montag in Prag auf die Frage nach öffentlich gewordenen Spannungen zwischen SPD, Grünen und FDP. Die Entscheidung über ein Entlastungspaket stehe „unmittelbar“ bevor. Es werde noch in dieser Woche mehr Klarheit geben, so Scholz.

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