Drohende Fahrverbote Studie sieht kaum Luft-Verbesserungen in deutschen Städten

Berlin · Der Autoexperte Dudenhöffer hat Daten von Messstationen im gesamten Bundesgebiet ausgewertet. Er drängt auf Hardware-Nachrüstungen, weil er bisher nur geringe Erfolge feststellen kann. Kanzlerin Merkel kündigt an, notfalls Steuergelder für Dieselfahrer zu verwenden.

 Ein Fahrverbotsschild für Fahrzeuge mit Diesel-Motor in Hamburg (Archiv).

Ein Fahrverbotsschild für Fahrzeuge mit Diesel-Motor in Hamburg (Archiv).

Foto: dpa/Daniel Bockwoldt

Seit 2017 hat es unterschiedliche Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität in besonders belasteten Städten gegeben. Doch diese haben kaum etwas gebracht, wie der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen nun herausgefunden haben will.

Aus einer neuen Studie, die unserer Redaktion vorliegt, geht hervor, dass an bundesweit 387 Messstationen in diesem Jahr kaum bessere Werte gemessen wurden als noch 2017. „Umweltprämien, Verschrottungsaktionen, Software-Updates, Pläne für mehr Radwege, einige Umrüstungen von kommunalen Fahrzeugen und wenige Elektrobusse – das Ergebnis auf die Belastungsregionen, in denen Messstationen online einsehbar sind, ist nicht spürbar“, heißt es in der Studie. So gingen die Stickoxidwerte in besonders belasteten Städten mit mehr als 50 Mikrogramm je Kubikmeter Luft (der EU-Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm) im Durchschnitt um nur fünf Prozent zurück. In allen anderen Kommunen mit geringerer Belastung waren die Rückgänge noch niedriger. Für Dudenhöffer ist das ein Armutszeugnis der Politik. „Unsere Studie unterstreicht, dass ohne Hardware-Nachrüstungen mit hoher Wahrscheinlichkeit die Grenzwerte auch in fünf Jahren noch gerissen werden.“ Mit Fahrverboten müsse man dann lange rechnen, so der Experte.

Er übt zudem Kritik an den jüngsten Plänen der Bundesregierung, über eine Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes den Umgang mit den EU-Grenzwerten so anzupassen, dass Fahrverbote umgangen werden können. „In dem peinlichen Diesel-Schauspiel der Regierung wird von der Bundeskanzlerin der Eindruck erweckt, jetzt auch noch Gesetze verbiegen zu wollen“, sagte Dudenhöffer. Das sehe sehr nach einem durchschaubaren Wahlkampfmanöver für die Hessenwahl aus. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte das Vorhaben bekräftigt, mit der Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes Kommunen mehr Verlässlichkeit zur Abwehr von Fahrerboten zu geben, die den Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid um höchstens zehn Mikrogramm überschreiten. Innerhalb der Bundesregierung wird darum noch gerungen. Das Gesetz selbst wird am Mittwoch wohl nicht im Kabinett sein, möglicherweise aber andere Maßnahmen zum Diesel (wie hoch der NO2-Wert in NRW-Städten ist, lesen Sie hier).

Merkel schloss nun auch nicht mehr aus, Steuergelder, die eigentlich zur Förderung von Elektroautos vorgesehen waren, für geschädigte Dieselfahrer einzusetzen. „Da sind viele Gelder noch vorhanden, und die könnten natürlich auch für andere Formen der Mobilität genutzt werden", sagte sie dem Hessischen Rundfunk. Steuergelder seien dabei allerdings "allenfalls die letzte Option". In wenigen Tagen wird in Hessen gewählt, in Frankfurt am Main sind Fahrverbote wohl nicht mehr abzuwenden.

In einer Umfrage befanden fast zwei Drittel (65 Prozent) der Befragten, dass Merkel nicht entschieden genug für die Interessen der Dieselfahrer eintrete. Zugleich gaben fast drei Viertel (72 Prozent) an, sie hätten kein Vertrauen, dass sich Regierung und Autobranche auf einen Kompromiss einigen, der Fahrverbote weitestgehend verhindern könnte. Das Meinungsforschungsinstitut YouGov hatte mehr als 2000 Personen im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur befragt.

(jd)
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